ob diese Zugbildung ganz regelkonform war, bin ich mir nicht so sicher. Deshalb habe ich auch auf den Auslöser gedrückt. Als die neuen Reichsbahn-ORT auf dem Netz beobachtet werden konnte, sollten sie auch zugelassen sein, einen Wagen zu ziehen. Auch wenn die V 60 am Zugschluss Traktionshilfe leistet, der 708 bleibt das führende Fahrzeug und hat einen Trommelwagen, einen Turmwagen und einen weiteren Begleiterwagen hinten dran. Sicher wird sich nach fast 25 Jahren kein Kläger finden und ich bin froh, das an diesem Tag die Kamera dabei war.
Das ist ein ganz (un)gewöhnlicher nachgeschobener Zug - ein Tfz arbeitet an der Spitze und eines am Zugschluss. Beide Tfz sind nicht durch ein UIC-Kabel u.ä. verbunden und somit jeweils mit einem Tf besetzt. Das Verfahren ist auch heute noch zulässig und Betriebsalltag bei schweren Güterzügen, kann aber natürlich auch für andere Zwecke verwendet werden.
Anfang der Neunziger wurde der Hetzdorfer Viadukt stillgelegt und der Neubau in Betrieb genommen. Rückbau und Neubau der Oberleitung an der Baustelle zwischen Flöha und Oederan erfolgten in der Regel mit V60 bespannten Arbeitszügen oder dem ORT. Zum Tanken und zur Wartung wurden diese Fahrzeuge mehrmals wöchentlich nach Chemnitz überführt. In diesem speziellen Fall wurde ausnahmsweise der ORT vorgespannt, um den arbeitsmüden Lokführer der V60 das Umfahren des AZ in Flöha zu ersparen. Ich leistete damals "Nachschub" mit meiner 346 410-4 (ehemalige Rangier-Plan-Lok in Mittweida) und freue mich über dieses wunderschöne Foto...
Hallo VT 22 meine Fdl-Prüfung war schon 1961, da vergisst man manches - natürlich waren es keine geschobenen Züge, sondern nachgeschobene. Danke für die Richtigstellung. Grüsse vom Bärenteich
Danke für die interessanten Antworten auf den Beitrag. Und ich freue mich besonders, ehemals Beteiligte gefunden zu haben. Um die Antwort auf die Frage des Beitrages zu geben: natürlich war es nicht ganz regelkonform. Züge wurden nachgeschoben, wenn die Traktion des führenden Triebfahrzeuges nicht ausreichend war, mit der Last einen bestimmten Streckenabschnitt zu befahren (zum Beispiel Tharanter Rampe), oder ein Nachschieben zum Einhalten der Fahrzeiten erforderlich war (zum Beispiel Schnellzüge von Arnstadt über den Rennsteig). Beides trifft für diesen Zug nicht zu. Bei dem gezeigten Zug hätte die 346 an der Spitze laufen müssen, der ORT hätte an einer beliebigen Stelle im Zugverband als "Wagen" seinen Platz finden müssen. So gesehen handelt es sich nicht wirklich um einen nachgeschobenen Zug, sondern ganz einfach um eine auf dem "kleinen" Dienstweg angeschobene Maßnahme, auf der DW-Linie schnellstmöglich von Flöha nach Karl-Marx-Stadt zu gelangen, und auf den beiden Bahnhöfen den Rangieraufwand zu minimieren.
Da frage ich jetzt mal nach dem Hintergrund der Annahme, dass der ORT zwingend als Wagen hätte eingereiht sein müssen und nicht wie abgebildet die V60...
Gruß Martin
Wenn bereits der Ansatz falsch ist, so führt strenge Logik unweigerlich zum falschen Ergebnis. Nur Unlogik gibt Dir jetzt noch die Chance, wenigstens zufällig richtig zu liegen.
Ganz einfach: ein ORT der BR 708 durfte nach damaligem Regelwerk als führendes Triebfahrzeug einen weiteren Wagen ziehen. Und wenn auch hinter den 3 Wagen eine V 60 im Zugverband läuft,der ORT bleibt das führende Triebfahrzeug. Regelkonforme Zugbildung wäre gewesen, dass die V60 die ganze Einheit zieht. Ein TVT als arbeitendes Triebfahrzeug im Zugverband wäre Schwachsinn, weil es für die Traktion nicht erforderlich gewesen wäre.
Ich bleibe dabei: Fahrdienstlich war diese Fuhre als Zug mit Schlz (Schiebelok) zu behandeln. Also alle Zugmeldungen einschl. deren Nachweise im Zugmeldebuch waren mit dem Zusatz "mit Schlz" zu versehen. Und das eine am Zugschluss laufende Lok immer eine "Schiebefunktion" haben musste, stimmt so nicht ganz. Wegen der hohen Streckenbelegungen bei der DR waren Lz-Fahrten eher die Ausnahme. Die Loks liefen dann zumeist am Zugschluss von Güterzügen mit. Und auf dem Lokdienstzettel wurde unterschieden, ob die Schlz mit oder ohne Schiebeleistung fuhr. Aber das ist wieder ein anderes Thema, bei der gelben Konkurenz gibt es dazu umfangreiche Ausführung, wie dieser Lokdienstzettel durch den Triebfahrzeugführer und Zugführer auszufüllen war.
Ein Einblick in die Vorschrift wäre schon interessant?!
Bei der Aussage "... als führendes Fz nur einen Wagen ziehen..." bekomme ich ein leichtes Grinsen. Demnach dürfte er ja viele Wagen schieben und das glaub ich in dem Zusammenhang dann auch nicht wirklich.
Ich kann mir nur vorstellen, dass der "gezogene Wagen" eher als Schlepplast anzusehen war, was der ORT alleinig zusätzlich bewegen durfte. Denn alles andere macht keinen Sinn, wenn nicht irgendwo der ORT in sonstigen Zugverbänden nur als Schlussläufer hätte laufen dürfen oder er durch eine bestimmten Zughakenlast begrenzt gewesen wäre.
Gruß Martin
Wenn bereits der Ansatz falsch ist, so führt strenge Logik unweigerlich zum falschen Ergebnis. Nur Unlogik gibt Dir jetzt noch die Chance, wenigstens zufällig richtig zu liegen.
@HolzRoller, ich muss nochmal nachhaken... wird es nun hier noch einen belegenden Passus aus jener Zeit geben, oder bleibt meine Annahme aufgrund heutiger Regeln treffender. Ich habe jedenfalls nichts anderes im Netz gefunden, als die Anhängelast laut Anschriftentafel, die aber nichts mit deiner Aussage zu tun hat...
Ich persönlich finde es interessant, Vergleiche auch in solchen - für andere vielleicht banalen - Dingen anstellen zu können.
Gruß Martin
Wenn bereits der Ansatz falsch ist, so führt strenge Logik unweigerlich zum falschen Ergebnis. Nur Unlogik gibt Dir jetzt noch die Chance, wenigstens zufällig richtig zu liegen.
leider kann ich mit Paragraphen aus dem Regelwerk damaliger Zeit nicht weiterhelfen. Ich bin mir auch nicht sicher, dass auf den Dienstposten alle Vorschriften ausgelegt waren. Die hatte zumindest der Vorsteher in seinem Arbeitszimmer und natürlich waren sie in der Dispatcherleitung vorhanden. Es genügte aber, wenn man die Vorschriften kannte. Was die Zugbildung anbelangt, erinnere ich mich jedoch, dass bei der Deutschen Reichsbahn ein Nachschieben von Triebwagen im Regelbetrieb nicht zulässig war. Es gab Sondergenehmigungen, wie zum Beispiel auf Steilstrecken (Tharanter und Oederaner Berg). Die liegen länger zurück und dürften nach der Elektrifizierung schon längst hinfällig gewesen sein. Ein ORT war aber eben ein Triebwagen, für den diese Regelung des Nachschiebens auch galt. Und als Ergänzung für den Kollegen Bärenteich: Triebfahrzeuge am Zugschluss waren nicht nur Schiebeloks (die wie Du richtig geschrieben hast im Zugmeldebuch als Schlz vermerkt) sondern auch Schlussloks (Slz). Der Unterschied bestand einfach darin, dass die Schiebelok(s) so viel Traktion entwickeln musste, um den Zug mit der Streckengeschwindigkeit, bzw. der fahrplanmäßigen Geschwindigkeit zu befördern, während bei der Schlusslok nur so viel Traktion erforderlich war, um die Masse zu bewegen. Es durften sich auch maximal nur 2 arbeitende Triebfahrzeuge am Zugschluss befinden.
Hallo Holzroller,l es stimmt, bei Triebwagen war das Anhängen einer Schiebelok oder Schlusslok nicht gestattet, außer den genannten Ausnahmen. Und ich kann mich auch noch an die ersten Wendezüge auf der Strecke Dresden - Bad Schandau erinnern: Da gab es viele Sondergenehmigungen/vorschriften, weil bis dahin Regelzüge ohne Spitzenlok im Normalbetrieb nicht zulässig waren.
Tharandt und Öderan und auch Dresden-Neu - Klotzsche waren keine "Steilstrecken", Steilstrecken waren Hauptbahnen über 25 Promille Neigung und Nebenbahnen über 40 mit gesonderten Vorschriften (Steilstreckenvorschriften oder so ähnlich) , die genannten Hauptbahnen hatten maximale Neigungen von 25 Promille (oder hat mich mein Fdl-Gedächtnis wieder mal in Stich gelassen?).
danke für die Korrektur. Natürlich waren es keine Steilstrecken. Ich wollte auch Steigungsstrecken schreiben, war zu spät für die Korrektur. Die doppelte Sägelinie im Buchfahrplan war ja trotzdem aussagekräftig genug. Nochmals Dankeschön.