gleich vorweg, mir gefiel der Beitrag von Hobbykollegen RR im Osteuropaforum außerordentlich gut. Da ich nun schon zweimal zwecks Erkundung und Fotografie der Eisenbahn in Albanien gewesen bin, erzeugten die Beiträge bei mir eine gewisse Resonanz. Deswegen entschloss ich mich nun mit einem zusätzlichen Beitrag dort sowie auch hier im Vogtlandforum anzuschließen. Meine Absicht ist, hier ein paar ergänzende Bilder mit beizusteuern. Allgemein kann ich hier nur die gute Meinung über das Land und die Leute teilen. Wie oft wurden wir spontan eingeladen und mit Köstlichkeiten verwöhnt, denn das Land ist sehr fruchtbar. Die Menschen sind total neugierig und hilfsbereit gegenüber ausländischen Touristen. Was ist noch neu bei der Hekuruda Shqiptare HSH. Ein wenig überrascht war ich schon, als ich das PDF mit dem aktuellen Fahrplan auf der Homepage der HSH entdeckte, welch ein Service! Das gab es bislang noch nicht und stellt schon einen gewissen Fortschritt dar. Hier ist der Link zum Fahrplan: http://www.hsh.com.al/Orari%20trenave%20udhetare.pdf Keinen Fortschritt gab es hingegen bei dem Zustand der Strecken und den Fahrzeugen, wie man deutlich bei den neuen Berichten sehen kann. Leider wurden auch in den letzten Jahren etliche Zugverbindungen gestrichen und sogar Strecken damit gänzlich eingestellt. Betroffen ist der Abschnitt Librazhd - Pogradec, wie schade! Seit April 2012 ruht dort der Zugverkehr. Der Streckenabschnitt ist wegen seiner spektakulären Trassierung durch das Gebirge wohl einer schönsten in Albanien. Dank sei an dieser Stelle an den User Brakerbahn gerichtet, der durch seine Dokumentation einen realistischen Grund der Streckensperre aufdeckte. Zu lesen bei DSO hier der Link dazu: http://www.drehscheibe-foren.de/foren/re...791#msg-6490791 Wie man deutlich erkennen kann, wird derzeit die Straße entlang des Ohridsees ausgebaut bzw. neu trassiert. Ob die Bahn danach wieder rollt kann ich nur hoffen, auch wenn die Chancen nicht gut dafür stehen. Leider schreitet der Straßenausbau ziemlich schnell voran und eröffnet den Busgesellschaften erhebliche Vorteile im Zeitgewinn. Der Rest wird über Minibusse abgewickelt, die in fast alle Winkel der Orte kommen. Vorteil der Eisenbahn ist vermutlich noch der sehr geringe Fahrpreis.
Die gezeigten Bilder sind jeweils im Sommer 2011 und 2012 entstanden. Ich beginne die Bilderreise mit der Strecke Shkodër - Vorë. Die nördliche Fortsetzung bindet das Netz der HSH zwischen den Stationen Bajzë und Tuzi mit dem Europäischen Eisenbahnnetz an. Die Strecke ist erst 1986 endgültig eröffnet worden und dient bis heute nur dem Güterverkehr. Der ist aber als kleiner Lichtblick wieder ansteigend.
Eigentlich ist Tuzi schon im Nachbarland Montenegro, trotzdem soll es der Vollständigkeit halber gezeigt werden. Auch wenn das Bild mir ein wenig Ärger mit der Grenzpolizei einbrachte. Nur durch einen Trick mit der zweiten Kamera, konnte ich den dienstbeflissenen Beamten abwimmeln. T669 1027 rollte am 12.7.2012 in den Grenzbahnhof mit einem Güterzug aus Albanien.
Sehr bekannt ist wohl der Staudamm des Flusses Drin bei Mjede, der vom Personenzug Tiranë - Shkodër am Nachmittag des 28.6.2011 überquert wird. In Albanien wird übrigens der Strombedarf fast ausschließlich durch Wasserkraft abgedeckt. Die erzeugte Energiemenge ist so ausreichend, dass noch ein guter Teil davon exportiert wird. Wenn es einen guten Preis gibt, dann drehen die Betreiber auch mal den Hahn voll auf, egal ob dann die Felder der Bauern unter Wasser stehen. Keine von mir erfundene Story, sondern Berichte von den Einwohnern.
Interessant ist auch das Herstellerschild der T669 1051, die meisten Cmelaks wurden für die ehemalige Sowjetunion gebaut. Da wurde auch gleich das Fabrikschild in kyrillischer Schrift mit übernommen.
Der Bahnübergang in Hajmel diente als Motiv für das aller erste Bild aus Albanien. Vorher kamen aber drei Typen auf uns zu und luden uns zu einem Getränk in die nahe Kneipe ein. Das war eher ein Unterhaltung mit den Händen und Füßen. Irgendwann wurde ein Auto draußen angehalten und der Fahrer kam nach einem Wortwechsel rein. Ja er sprach sehr gut deutsch, was uns sehr erstaunte. Er lud uns ein zu sich und seiner Familie. Noch heute hält der Kontakt und ich bekomme immer wieder Berichte, dass ein Güterzug vor seiner Haustüre vorbeifuhr.
Zu Gast bei Familie Ndreka in Hajmel. Der Vater ist gerade beim Brennen vom Raki zu sehen, das wird trotz der archaisch anmutenden Konstruktion ein leckeres Tröpfchen.
Einfahrt des morgendlichen Zuges nach Tiranë in den Bahnhof Leshë. Allerdings am 14.7.2012 aufgenommen und mit T669 1032 als Zuglok.
Ein paar Kilometer weiter vor dem Bahnhof Milot wurde der Zug aus Shkodër auch aufgenommen. Das Bild ist von der Brücke entstanden, die für die neue Straße in Richtung Kosovo errichtet wurde. Die ehemalige Bahntrasse nach Rrëshen, eigentlich war sie nie in Betrieb, wurde zum Bau der Straße teilweise geopfert.
Interessante Szene bei der Abfahrt im Bahnhof von Budull, der Name klingt schon ein wenig lustig. Der Chef ist bewaffnet mit einer kleinen roten Kelle und übergibt dem Lokführer ein wohl wichtiges Stück Papier bei der Ausfahrt. Die Eisenbahner waren mit dem Freihacken der Spurrillen beschäftigt, ansonsten wird der Dienst dort bei einem täglichen Reisezugpaar und vielleicht einem oder gar zwei Güterzügen nicht so stressig sein.
In Vorë hat die T669 1032 die Richtung gewechselt, nun rollt der Personenzug aus Shkodër mit etwas mehr Geschwindigkeit in die Hauptstadt. Leider fährt wegen Straßenbauarbeiten bis auf Weiteres kein einziger Zug mehr nach Tiranë. Alle Züge enden in Vorë, dort besteht Anschluss zu einem Busersatzverkehr. Wann der Eisenbahnverkehr dorthin wieder aufgenommen wird, steht nicht fest.
Bahnhofszene in Durrës, während T669 1060 am Personenzug nach Tiranë abfahrbereit steht, rangiert die T669 1053. Gleich links neben dem Gleisareal befindet sich das abgezäunte Hafengelände, der hohe Zaun lässt kaum Blicke darüber zu. Ein quirlige Stadt, die einem bei hochsommerlichen Temperaturen etwas stressig vorkommt.
Der abgestellte Kesselwagen dient als Wasserreservoir, auch die Lokpersonale verwenden das Wasser gerne als Abkühlung und zum Waschen. Das EG im typisch sozialistischen Betonklotzstil, zu jener Zeit wurde eben dort nicht anders gebaut. Und heute sehen die modernen Bahnhöfe, wie man auch bei uns sehen kann, auch manchmal nicht viel schöner aus. Immerhin dürfte der Bahnhof von Durrës einer der ersten, eventuell ist er überhaupt der erste, der in Albanien erbaut worden ist. Die Bahnstrecke bis nach Pëqin (liegt zw. Rrogozhinë und Elbasan) wurde am 1.11.1947 eröffnet, am 23.2.1949 folgte dann die Strecke nach Tiranë.
Im Teil 2 geht es dann nach Süden weiter sowie schließlich an den Ohridsee.