Hochkantig und -lichtig zum Sonnenbrand Den 4. Juli im Jahr 2015 konnte ich mir erneut etwas für Böhmens wahrscheinlich längste „Lokalka“ freischaufeln. Ich verließ zwar etwas spät, dafür aber gut eingecremt, die sächsische Heimat, um kurz vor 11 zum ersten Foto in Horní Slavkov zu sein. Die letzten Meter nahm ich über die wildromantische Zufahrt von Kfely unter die Räder - eine ziemlich schlechte, aber gleichsam dschungelhafte Straße führt durch die kleine Siedlung auf Bergeshöh‘ hinauf. Vom Bahnübergang bei Ležnice lief ich zum Scheitelpunkt der Strecke nahe der Ausweichanschlussstelle zurück. Der dortige Industrieanschluss war letztendlich ausschlaggebend für die Reaktivierung des Teilstücks von Krásný Jez bis Horní Slavkov-Kounice, dessen (Wieder-) Eröffnung am 28. Juni 2013 begangen werden konnte. Und genau auf diesem Streckenstück befand ich mich nun. Es wurde im Fahrplanjahr 2015 durch Verlängerung der Züge aus Richtung Rakovník und Žlutice bedient und damit gleichzeitig Böhmens längste Lokalbahn auf unglaubliche 99 Tarifkilometer ausgedehnt. Das heißt im Jahre 2015 konnte man ohne Umsteigen, ohne Wagendurchläufe, ohne Richtungs- und Zugnummernwechsel sage und schreibe knapp 100 km in einer Brotbüchse verbringen. Welch Genuss!? … zumindest für uns ;-)
810 073 | MOs 16711 (Horní Slavkov-Kounice - Rakovník) | Horní Slavkov-Kounice
Büchse 73 war an diesem Julitag die ehrenvolle Aufgabe zu Teil geworden einen dieser „Langläufer“ (16711) bis Rakovník zu bespannen. Eben jenen Zug hatte ich mir für eine gemütliche Verfolgung ausgesucht. Noch in Kounice besprühte mich eine Mutter mit ihrer Wasser-MG durch die offenen Scheiben. Sehr zur Freude von ihr und der kleinen Tochter. Auch wenn ich die Kamera um den Hals hatte, fand ich es doch sehr amüsant. Und mit Sicherheit konnte meine verdutzte Miene aus dem orange-gestreiften Panzer mit anschließendem fröhlichem Hupkonzert die kleine Lady nur zum Schmunzeln bringen. So hoffe ich zum wiederholtem Male ein klein wenig (wenn auch unfreiwillig) der Völkerverständigung beigetragen zu haben … und die Kamera konnte den kleinen Regen ja auch ab. Über Krásno gings flugs in den Süden von Bečov. Ich streifte mir die Flipflops über, querte an einer Furt die Tepla und postierte mich an der vermeintlich zweigleisigen Strecke. Als erstes beglückte mich von hinten (ist trotzdem jugendfrei) ein RS1 (MOs 7104 angeblich immer noch VT 650.64 der ODEG) und danach der 654er gen Marienbad. Letzterer und die Büchse liessen aber eine ganze Weile auf sich warten und kamen mit einiger Verspätung durch.
VT 36 | MOs 7105 (Karlovy Vary dolní nádraží - Mariánské Lázně) | Bečov nad Teplou (Údolí Teplé)
810 073 | MOs 16711 (Horní Slavkov-Kounice - Rakovník) | Bečov nad Teplou (Údolí Teplé)
Die Verspätung fand ich prinzipiell nicht so toll, war doch an der Einfahrt Toužim das nächste Foto geplant. Aber bis ich mit den Flipflops wieder durch die Tepla war und losfuhr verging schon einige Zeit. Bis zur R20 hatte ich dann noch übervorsichtige Krad-Fahrer vor mir und da war auf der Straße dann nichts mehr herauszuholen. Als ich auf der Ladestraße eintraf, stand die Büchse schon am Bahnsteig von Toužim und hatte zwei Fahrgäste ausgespien. So ist es halt. Aber jetzt ging es wieder vollkommen stressfrei weiter. Štědrá ward als (vorvor-) letzte Stelle für den 16711 gewählt, wenn gleich die Uhr dort planmäßig schon 12:21 zeigen sollte. Ich wollte es trotzdem machen und stellte meine Leiter knapp neben das Kreuzungsgleis. Fahrgastwechsel fand keiner statt, aber ich bekam zumindest mein Hochlicht-Bildchen.
Eher zufällig fand ich noch eine ganz passable Stelle direkt in der Bahnhofseinfahrt von Žlutice. Durch den langen Aufenthalt machte ich mich auch noch am Bahnhof beim Beschreiben der CF-Karte nützlich. Zur „Kreuzung“ stand 810 594 auf dem Ausweichgleis. Die Ausfahrt erledigte ich auch noch an bekannter Stelle (aus Teil 1), aber da war das Kraut so hoch, dass fast kein Fahrwerk mehr zu sehen war … und außerdem motivlich eher fragwürdig - außer der Büchse ist alles nur einheitliches grün.
Jetzt war etwas Zeit bis zum nächsten Zug. Man hätte natürlich auch weiter dem 16711 hinterher fahren können, aber ich hatte anderes vor. Als erstes wurde die Kapelle Sv. Jana Nepomuckého abgelichtet und dann wollte ich aufgrund der Hitze etwas in die erhoffte Kühle des Wora-Bach-Tals (Borecký Potok) vordringen und mir den bisher unbekannten Tunnel mal etwas genauer anschauen.
Kaple Sv. Jana Nepomuckého
Danach kurvte ich mit dem Auto Richtung Freibad und stellte es dann irgendwo an der Strela ab. Die letzten Meter muss man ohnehin zu Fuß gehen. Ich hatte dann auch bald einen Pfad gefunden und stand wenig später vorm Tunnel. Die ganze Szene ist in einem relativ stark eingekerbtem Tal mit starker und hoher Bewaldung vergleichsweise schwer Umzusetzen. Nach einigem Hin und Her entschied ich mich dann für eine Hochformataufnahme vom Deckgebirge des Tunnels. Eine schöne Feldherrenstelle, die zum Verweilen und Relaxen einlädt - vollkommen ohne Hektik.
810 319 | MOs 16708 (Rakovnik - Bečov nad Teplou) | Žlutice/Semtěš
Dann war noch die kleine Steinüberführung im Tal zu erkunden und ich machte eine kleine Wanderung. Das auch diese Stelle lichttechnisch nur schwer umsetzbar ist, dachte ich mir schon. Dafür hätte auch wieder nur der 16708 herhalten können. Aber der war ja bereits durch. Deshalb musste eine Ameise zum Fototermin auf der Brüstung herhalten.
Ameise im Wora-Bach-Tal
Zeit war jetzt immer noch reichlich und so besorgte ich mir aus dem Auto erstmal Wassernachschub und zusätzlich die Leiter, welche ich dann doch nicht benötigte. Nach einigem Ausprobieren nahm ich den nächsten Zug dann sehr flach auf und integrierte den Tunnel mit ins Bild (oben rechts sieht man auch den Feldherrensitz an der Kiefer).
810 304 | MOs 16710 (Rakovnik - Horní Slavkov-Kounice) | Žlutice/Semtěš
Zugkreuzung war jetzt „im Rücken“ in Štědrá und so sollte es mit dem Gegenzug auch noch einen Versuch geben. Ich fand jetzt nichts Überzeugendes und probierte es auf der „falschen“ Seite wieder hochkantig.
Da nun diese Büchse einen längeren Aufenthalt in Žlutice einlegt, war der Plan dem nächsten Westfahrer bis kurz vor Blatno entgegenzukommen, noch ein paar Stellen mit diesem zu machen und dann an die Heimreise zu denken. Gesagt - getan: stand ich einige Minuten später in Malměřice, doch der Zug ließ noch gewaltig auf sich warten. Irgendwann wurde ich erlöst …
810 073 | MOs 16712 (Rakovnik - Bečov nad Teplou) | Malměřice
Jetzt ging’s an eine Verfolgung. Bis Lubenec zastávka war ich problemlos wieder vorn. Allerdings läutete der BÜ schon und auf dem Bahnsteig warteten fast ein Dutzend Leute, darunter auch mehrere kleine Kinder … und so blieb ich dann doch im Auto sitzen, querte nicht vor aller Augen noch den BÜ und machte an der Stelle auch kein Foto. Vielleicht hilft es den Kleinen später ja einmal, dass ich an der Stelle kein schlechtes Vorbild war. Und so wartete ich noch geschlagene zwei Minuten bis der Zug dann tatsächlich über den BÜ rumpelte. Ein nächstes Bild war noch in der Ausfahrt Chyše mit der Kirche im Hintergrund geplant, wenngleich es hier einen viel längeren Zug gebraucht hätte.
810 073 | MOs 16712 (Rakovnik - Bečov nad Teplou) | Chyše
Den Tagesabschluss gab es dann wieder dort, wo alles begann … in Sahorz. Danach fuhr ich zufrieden, gemütlich, und mit einem hochlichtverwöhnten Hals nach Hause.
810 073 | MOs 16712 (Rakovnik - Bečov nad Teplou) | Záhořice