Keine 100m hinter unserem Fenster befindet sich der Bahnhof von Kulen Vakuf (leider ohne Verkehr) und ein Teil der Una mit ziemlich viel Wasser
Auch wenn wir DEN Fall für alle Fälle gestern schon gesehen haben (den Štrbački Buk), und beim Zählen fleißig Italienisch geübt haben, so müssen wir heute beim Frühstücken erst einmal wieder mit Bosnisch ran, denn es kommt, nachdem wir etwas im Garten herum gelaufen sind und fotografiert haben, wieder das alte Mütterchen von gestern. ‚Caj‘ für Maik und ‚Cava‘ für mich scheint Bosnisch genug. Den Rest verstehen weder wir noch sie. Aber auch nach unzähligen weiteren ‚može’s hört sie nicht auf immer mehr aufzutafeln. Es ist uns ja schon fast peinlich.
Hier ist der Tisch noch nicht ganz voll
Und etwas Warmes mit Hackfleisch und Ei gibt es auch
Wir sitzen unter einem Vordach und genießen das Frühstück. Es ist zwar noch etwas frisch im Schatten, aber es gibt ja auch Warmes zum Essen und Trinken (Nektar gibt es übrigens auch zum Frühstück, ist diesmal aber richtiger Fruchtsaft). Die Sonne wärmt immer mehr und verdrängt auch den letzten Nebel. Einem schönen Tag scheint also nichts im Wege zu stehen.
Blümchenfotografie in „unserem“ Garten
Als wir bezahlen wollen, treffen wir auch das nette Mädel vom Schlagbaum im Nationalpark wieder. Wir erkennen uns alle wieder und die Freude ist umso größer. Ein paar Sätze Englisch wechseln noch den Besitzer … und auch das Mütterchen mischt fleißig wieder mit. Wir sollen wieder kommen. Und das machen wir hoffentlich tatsächlich einmal. Land und Leute lohnen sich auf jeden Fall. Bevor es auf die Piste geht, wollen wir noch zur kleinen Burgruine um die gegenüberliegende Festungsruine und den Talkessel zu besichtigen. Dafür macht sich unser Mietauto nun besonders nützlich, müssen wir so doch nicht laufen.
Mietwagen waldweggeeignet - die toten Insekten vom Vortag fallen fast nicht auf
Kulen Vakuf - der nördliche Teil mit Bahnhof und Festung
Kulen Vakuf - der südliche Teil mit Ortskern und Bahnbrücke
Wir reisen weiter und haben eine lange Tour vor uns. Im Grunde mussten wir nur ganz lang der M5 bis ins Bosnatal folgen, aber das kann sich ziehen. Kurz vor Bosanski Petrovac bekam ich das erste Mal Lichthupe. Auf die vielen Blitzer hatten wir uns derweil per App eingestellt. Jetzt kamen aber auch noch Polizeikontrollen dazu. Prinzipiell fuhren wir aber sehr ordentlich, jetzt noch mehr ;-) Es gab an uns ja auch nichts auszusetzen. Einen Notdurfthalt gab es auf der alten Steinbeis-Trasse bei Bravsko. Irgendwann im weiteren Verlauf zeigte mir mein „Copilot“ einen ominösen Schlüssel. Der sah dem Schlüssel unserer letzten Unterkunft nicht nur verblüffend ähnlich, es war eben dieser selbst. Zwei Stunden zurückfahren? Das würde unseren Plan vollkommen durcheinanderbringen und unsere Sightseeingtour ziemlich demolieren! Also redete ich Maik gut zu, dass sich alles in unserer neuen Unterkunft schon klären würde. Schließlich würden wir am Ziel alles schön auf Englisch erklären können und den Rest würden „die“ schon in ihrer Landessprache deichseln. So richtig glaubte ich selbst nicht daran, aber je mehr ich darüber nachdachte, überzeugte mich dieser Gedanke. Fakt war, wenn wir jetzt umkehren, würde das ein ziemlich sinnloser Tag werden und wir könnten genauso gut auch noch einmal in Kulen Vakuf übernachten. Das wäre zwar auch schön gewesen, aber wir wollten noch mehr vom Land sehn.
Zwischenstation Jajce Nach schier endlosem Fahren bei dem wir das Schlüsselthema nicht großartig weiter strapazierten, erreichten wir endlich kurz vor Jajce ein erstes Zwischenziel. Ich bog ziemlich unvermittelt nach rechts ab, da ich irgendeinen kryptischen Wegweiser als unser Etappenziel ausmachte. Als erstes besuchten wir einen alten Tunnel der Steinbeis-Bahn durch den heute eine kleine Straße verläuft (wobei dieser Streckenabschnitt eigentlich nur von Steinbeis betrieben wurde, errichtet wurde er im Ersten Weltkrieg vom Militär).
Tunnel am Veliko Plivsko Jezero - Blick gen Osten (Richtung Jajce)
Doch viel interessanter ist an der Stelle ist aber die Verbindung des Veliko Plivsko Jezero mit dem Malo Plivsko Jezero. Dort gibt es natürlich: Einen Wasserfall (eigentlich sind es wieder einmal ganz viele kleine) und da sind wir wieder beim Zählen in fremden Sprachen (Wasserfall „cinque“). Und genau an diese Stelle bauten die dort lebenden Ureinwohner kleine Mühlen (Mlinčići), welche vertikal verlaufende Wellen hatten und sowohl das Antriebsrad als auch das Mühlrad horizontal lagen. Jedes dieser kleinen Häuschen hat kaum zwei mal zwei Meter und man kann nur schwer darin stehen, aber alles in allem eine sehr interessante Technik und auch wunderbar anzuschauen.
Mlinčići von oben
Mlinčići von unten
Da ich immer schon dachte, jeder sollte einen Schweden haben, sprach uns sogleich einer an und fragte, ob wir ihn mit nach Jajce nehmen könnten. Gefragt, getan und so waren wir für die nächsten Meter zu dritt im Auto, wir hatten ja auch das gleiche Ziel: Wasserfall „sei“ (sechs). Der Schwede war allein auf Balkantournee und schwärmte von den ganzen Sehenswürdigkeiten, ich schwärmte mit und empfahl ihm auch noch wärmstens einmal Mazedonien zu besuchen - da war er noch nie. Und dann waren wir auch schon am IrfanView-Wasserfall - in Wirklichkeit heißt er Plivski vodopad. Auch hier hat man, die ganze Sache etwas mit Beton gesichert. Von der Straße hat man einen grandiosen (und kostenlosen) Blick, von unten auf der Plattform steht man direkt vor dem tosenden Fall, muss aber dafür 2 KM löhnen.
Plivski vodopad von oben – direkt hinter der kleinen Terrasse rechts mündet die Pliva in den Vrbas (Fließrichtung entlang der Bildkante nach oben)
Plivski vodopad von unten
Ich wollte gern den Wasserfall noch irgendwo von oben sehn, was uns erst nicht so recht gelang. Da uns bei der ganzen Fahrerei aber eine kleine Wanderung ganz gut tat, standen wir nach etwas Suchen auf einer Privatwiese und konnten den „winzig kleinen“ Wasserfall nochmals sehn.
Plivski vodopad von ganz oben
Maik übernahm nun wieder das Steuer und es sollte nun auch nochmals etwas bahnlastiger werden. Wir fuhren weiter auf der M5, hielten aber am Komarpass noch einmal. Dort steht eine alte Brücke, die früher den Zahnstangenabschnitt zwischen Komar und Oborci trug (westlich des Passes).
Vom Bahndamm sieht das Ganze etwas unscheinbar aus (Blickrichtung Bahnhof Komar und Scheiteltunnel)
Von der Straße kann man die Blechträger aber schön erkennen
Die Fahrt zog sich weiter und ich nickte wohl sogar kurz weg. Maik erkundigte sich aber rechtzeitig, um die Fahrtwünsche vor den Verzweigungen im Bosna-Tal zu eruieren. Wir nahmen weder die Autobahn noch die Schnellstraße, sondern die ganz alte Straße. Es sollte ja bald der Schnellzug flussaufwärts gen Sarajevo entgegenkommen. Unweit Janjići fanden wir eine Stelle und er ließ auch nicht zu lange auf sich warten.
441 908 | B 397 (Zagreb Glavni Kolodvor - Sarajevo) | Janjići
Wir fahren dann weiter gen Norden und nehmen ab Zenica sogar die Schnellstraße. Bald fällt auf, dass ja laut unamtlichem Kursbuch noch ein Bummelzug entgegen kommt. In Begov Han verpassen wir etwas den Abzweig. Auf der anderen Seite ist der Zug aber auch noch nicht zu sehn, könnte er zwar, müsste er sogar, tut er aber nicht. Kurz vor Želeće findet sich eine passable Stelle. Eine Einfahrt gibt es aber erst am Haltepunkt. Wir sind überfällig, der Zug ist es auch. Nach kurzer Vorsprache (keine Ahnung, ob das ein Eisenbahner oder Anwohner war) und beherztem Sprint, reicht es für die bereits von der Straße gesehene Stelle. Trotz der Verspätung lässt man beim Verkehrshalt und dem Anfahren keine Hektik aufkommen. Nur langsam rumpelt der Zug vorüber.
E 52512 | PT 2105 (Maglaj - Zenica) | Želeće
Zugtechnisch ist jetzt alles erledigt. Wir fahren Richtung Zavidovići um dann dort ins Krivajatal abzubiegen. In diesem Tal fuhr auch einst eine Bahn in 760mm Spurbreite von der aber kaum mehr etwas zu sehen ist. Vermutlich ging sie im Straßenplanum auf. Am Pass kurz vor dem bekannten Banovići war das Licht schon kurz vor der Austaste. Trotzdem drehten wir absichtlich noch eine Ehrenrunde durch die Ortschaft Banovići allerdings ohne irgendeine Bewegung auf der Schiene feststellen zu können.
Kohleverladung bei Grivice
Für heute war es dann aber auch genug und wir retteten uns noch bis in die gebuchte Unterkunft in Tuzla. Beim Einchecken thematisierte Maik gleich die Sache mit dem Schlüssel. Der „Wirt“ zeigte sich sehr kooperativ und ließ sich, wie erwartet (?), von einem Telefonat mit unseren Vorvermietern überzeugen, in dem er augenscheinlich das Missgeschick aufklären konnte. (Ich hatte mit allem gerechnet, aber nicht, dass es so einfach werden würde.) Er kritzelte sich einiges auf einen Zettel und verhieß uns, morgen mehr Informationen zu haben. Hernach begaben wir uns in die bereits prall gefüllte Innenstadt und ließen den Tag mit einem leckeren Essen und ich bei einer ortsüblichen Hopfenkaltschale ausglühen. Für morgen ist das Wetter nicht mehr so besonders gut vorgesehen, aber was wir neben der Rückfahrt Interessantes daraus machen und ob und wie unser Schlüsselerlebnis final geklärt wird, erfahrt ihr im nächsten Teil.