Hallo,

nach der Anfahrt über Schweden und einer Woche Saltfjell

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liegen noch ein paar Tage Dovrefjell und leider schon wieder die Heimfahrt vor uns.


Dienstag, 13.08.19

Zwar gibt es auf der Dovrebahn auch ein Nachtzugpaar, das macht in diesem Abschnitt seinem Namen aber alle Ehre und quert das Dovrefjell im Dunkeln. Der Wecker blieb demnach ungenutzt und tatsächlich entfernte ich mich langsam vom „Saltfjellrhytmus“. Zur Beschreibung des Wetters an diesem Tag bedarf es nur weniger Worte, Regen, Regen und nochmals Regen. Wobei es am Nachmittag doch einige trockenen Phasen gab. Dementsprechend gestaltete sich der Tag recht ereignisfrei. Bis zum frühen Nachmittag wurde die Hütte vom Großteil der Familie nicht verlassen, so ein entspannter Hüttentag hat ja auch etwas. Ein Großteil der Familie? Ja, denn ich wagte mich dann doch mal für ein Zugfoto hinunter nach Dombås. Das waren nur etwa 15 Minuten Fahrt. Im Bahnhof Dombås zweigt die nach Åndalsnes führende und besonders in ihrem unteren Abschnitt durch eine spektakuläre Landschaft führende Raumabahn von der Dovrebahn ab. Wie auf der Nordlandsbahn werden die durchaus dem Nahverkehr zugeordneten Züge aus Bm93-Triebwagen gebildet. Auf der Dovrebahn, welche Oslo und Trondheim miteinander verbindet, ist die Abwechslung ungleich größer. Die vier Zugpaare zwischen den beiden Städten teilen sich brüderlich die um die Jahrtausendwende beschaffte Bm73-Triebzüge mit den etwas älteren, aus der Schweiz bekannten El18. Da letztere die Traktion des Nachtzuges übernehmen, gibt es bei Tageslicht demnach nur ein lokbespanntes Zugpaar. Der erste Zug aus Trondheim ist gleich ein Lokbespannter und erreicht das Fjell zwischen Zehn und Elf, ihm fährt mit etwa 25 Minuten ein Güterzug voraus. Im Prinzip hätte man nicht bis nach Dombås ins Gudbrandstal fahren müssen, aber die Wolken hingen sehr tief, was auch die Schlechtwetterbeschäftigung Autowandern verhinderte, denn man hätte von der famosen Berglandschaft wenig bis gar nichts gesehen. Für den Güterzug steuerte ich den Bahnhof Dovre an, aber dort fanden gerade Bauarbeiten statt, ein Kompaktlader und mehrere Gelbwesten waren vor dem EG am werkeln. Da mir das nicht zusagte, galt es eine andere Stelle zu finden. Recht anspruchsvoll für knapp fünf Minuten. Ein paar Hundert Meter zurück Richtung Dombås waren zumindest keine farblich auffälligen Bauarbeiter im Bild


Auch in Norwegen ist die 187 inzwischen heimisch, hier die Nummer 404 mit dem Gt 4810 kurz vor Dovre

Danach galt es sich zu beeilen, den Personenzug wollte ich im Bahnhof Dombås festhalten, da hier der Talent von der Raumabahn Anschluss bieten sollte. Aber am Bahnhof angekommen, war kein Talent in Sicht. Jedoch war keine Verspätung ursächlich, vielmehr herrschte SEV, anscheinend auf der gesamten Raumabahn. Als der Zug aus Trondheim in den modellbahngerecht zwischen zwei Tunneln gelegenen Bahnhof einfuhr, was ich von einer dem Empfangsgebäude gegenüberliegenden Position beobachtete, war kein SEV-Bus in Sicht. Das ermöglichte mir, entspannt die Seite zu wechseln und den Zug noch einmal vom Bahnsteig aus aufzunehmen. Knapp Zehn Minuten später kam dann auch der Bus an und hielt direkt am Bahnsteig. Dem Zugbegleiter ging nun der Passagiertransfer etwas zu langsam, verständlich, denn er hatte ungewollt bereits einige Verspätungsminuten aufgesammelt. Lautstark ermahnte er die Fahrgäste sich zu beeilen. Besonders einige, die langsam den Zug entlangschlenderten und in den Waggons einen freien Platz suchten ernteten ein paar strenge Worte.


Jetzt aber schnell, die Anschlussreisenden wechseln vom am Hausbahnsteig geparkten SEV-Bus in Rt 42, der erste Zug des Tages aus Trondheim

Wie ich bereits schrieb, besserte sich das Wetter am Nachmittag ein wenig, sprich, der Regen ließ nach bzw. hörte teilweise sogar ganz auf. Die Wolken hingen aber immer noch ganz schön tief, da wurde nur noch ein kurzer Spaziergang im Gudbrandstal unternommen, ein kurzer Halt am Bahnhof Dombås für den nordfahrenden Gt 5731 integriert.


Nach der 187 vom Vormittag schon wieder eine TRAXX, die für CargoNet fahrende 185 704 wird gleich zum Personalwechsel stoppen

Der Abend klang gemütlich in der Hütte aus, morgen sollte etwas besseres Wetter werden.


Mittwoch, 14.08.19

Der Tag begann abermals grau in grau, aber es bestand ohnehin keine Eile. Nach ausgiebigem Frühstück und dem Schnüren der Wanderschuhe stiefelten wir los. Ein Ziel gab es nicht, einfach eine Vormittagsfjellwanderung. Und während dieser zeigte sich immer mal wieder die Sonne bis es innerhalb weniger Minuten über dem gesamten Fjell komplett aufriss. Zwar war für heute wesentlich besseres Wetter als gestern vorhergesagt, aber von großflächigen sonnigen Abschnitten war keine Rede. Mir sollte es recht sein, so konnte die Tour noch für ein Eisenbahnfoto genutzt werden. Kurz nach Zwölf würde Rt 41 die Hochfläche betreten, der erste Zug des Tages von Oslo nach Trondheim. Als Standpunkt diente eine Erhebung oberhalb des am gleichnamigen See gelegenen Bahnhofs Vålåsjø, heute nur noch als Ausweichstelle genutzt, von welcher man weite Teile des Fjells überblicken und Zugsuchbilder an mehreren Stellen in der grandiosen Landschaft anfertigen kann. Das war insofern von Bedeutung, da sich nicht lange nach dem Verschwinden der flächigen Bewölkung Quellwolken bildeten, deren Schatten über die Hochfläche zogen. Während des Wartens auf den Zug kreisten zwei Kampfflieger lautstark über das Fjell. Den genauen Typ konnte ich nicht identifizieren, da das Teleobjektiv in der Hütte verblieb. Als der Zug ganz klein in der Ferne erschien, waren tatsächlich kaum Wolkenschatten zu sehen und es entstand an allen geplanten Auslösepunkten ein Bild. Ein wenig hatte ich gehofft, dass der Zug aus zwei Bm73 bestehen würde, aber dazu reicht wohl die Nachfrage nicht aus.


Nur ein Strich in der Landschaft – Rt 41 nach Trondheim kommt auf dem Dovrefjell heran…


…passiert den am gleichnamigen See gelegenen, zur Ausweichstelle degradierten Bahnhof Vålåsjø…


...und entfernt sich in Richtung Hjerkinn, von wo es auch nicht mehr weit bis zum Abstieg vom Fjell ist

Da die Familie vorausgegangen war, wer wartet schon gerne 20 Minuten im kühlen Wind auf einen kleinen roten Strich, der sich langsam vorwärts bewegt, nahm ich die Beine in die Hand und versuchte sie bis zur nicht weit entfernten Hütte einzuholen. Das gelang mir nicht, auch weil ich kurz vor dem Ziel ein Rauschen vernahm. Ein Güterzug fuhr von Trondheim kommend über das Fjell. Ich stieg wieder ein paar Meter hinauf um vielleicht die Furuhaugli-Hüttenanlage mit ins Bild nehmen zu können, aber das klappte nicht wirklich. So viele freie Abschnitte gibt es gar nicht auf dem Fjell.


Wer an diesem Zug keine Lok erkennt, benötigt keinen Optiker – eine schwarze El14 mit einem gut beladenen Containerzug gen Süden


Die Hütten von Furuhaugli, rechts oben versteckt sich die 2286 Meter hohe Snøhetta in den Wolken

Danach stand der zweite Teil des Touriprogramm an. Für die Tage hier auf dem Dovrefjell planten wir neben der Fjellwanderung noch eine Rundfahrt über den Trollstigen zum Geiranger und über das Ottatal wieder zurück. Das Wetter am gestrigen Tage vereitelte beides, denn eine Fjellwanderung bei Starkregen erschien uns wenig aussichtsreich und die tiefhängenden Wolken beeinträchtigten oder verunmöglichten die imposanten Ausblicke entlang der beeindruckenden norwegischen Landschaft, für die Slatibartfaß ja immerhin einen Award bekommen hat. Also mussten beide Programmpunkte heute hineingequetscht werden. Das Autowandern blieb somit auf Åndalsnes am Romsdalfjord inklusive der anschließenden Fahrt zum Trollstigen und zurück beschränkt. Einen ersten Höhepunkt bildete die Fahrt entlang der Rauma, die zwischen Bjorli und Åndalsnes nicht nur teilweise spektakulär über Kehrschleifen und Brücken trassiert ist, sondern auch inmitten steil aufragender Felswände, wie Europas höchster Steilwand, der Trollveggen, verläuft. Gestoppt wurde aber lediglich für Landschaftsfotos, denn zum einen war der Himmel inzwischen wieder stark zugezogen, zum anderen wusste ich nicht, ob noch SEV herrscht. In Åndalsnes klärte sich die Frage. Am Bahnhof stand schon der Bus. Das war insofern schade, da die Sonne ab und zu mal durch die Wolken lugte und sich sicherlich ein Foto im Bahnhof ergeben hätte, der direkt am Wasser liegt und von einer Straßenbrücke gut eingesehen werden kann. Nachdem wir am Wasser ein wenig relaxt und auch was gegessen hatten, fuhren wir hinauf zum Trollstigen, wobei ich mir nicht sicher bin, ob damit nur die Passhöhe oder die gesamte Straße bezeichnet wird. Oben angekommen herrschte gewaltiger Touritrubel. Zwei „Skywalks“ mit Glasbrüstung ragen über die Felsen hinaus und bieten einen tollen Blick über die Straße bis hinunter zum Fjord. Dementsprechend stark frequentiert waren die Wege dorthin. Nach einem kurzen Beweisbild liefen wir wieder zurück zum Auto, das waren uns dann noch ein paar Menschen zu viel hier oben.


Am Bahnhof Åndalsnes dient ein alter Personenwaggon als Kapelle, leider war sie bei unserem Aufenthalt gerade verschlossen


Für die komplette Straße waren es ein paar Milimeter Brennweite zu viel, der Trollstigen, eine der, wenn nicht gar die bekanntesten Serpentinenstraße Norwegens

Im Prinzip hätte man die groß Runde über den Geirangerfjord immer noch in Angriff nehmen können, aber damit wäre eine Ankunft in der Hütte am späten Abend verbunden gewesen. Da morgen aber Abreisetag war, beließen wir es dabei und fuhren den Trollstigen wieder runter und den gleichen Weg über das Romsdal wieder zurück aufs Dovrefjell. Das und ein ziemlich großes Wolkenloch ermöglichte mir noch ein Foto von Rt 47, den letzten Tageszug nach Trondheim, der Dombås gegen 20:00 Uhr verlässt. Als ich mich zur auserkorenen Fotostelle bei Fokstua begab, wie Vålåsjø eine heute nur als Ausweiche genutzte ehemalige Bahnstation auf dem Fjell, fielen mir zahlreiche Fotografen an den Straßenrändern und auf den Parkplätzen auf. Dass es sich nicht um Eisenbahnfotografen handelte, war recht schnell klar, denn die Strecke konnte man zumeist nicht einsehen. Als ich dann am rechten Straßenrand zwei Elche entdeckte und etwas weiter entfernt noch einen weiteren, war die Frage beantwortet. Der Versuch eines Fotos der imposanten Tiere misslang, da ich zunächst eine Halteposition finden und dann noch den Fotoapparat hervorkramen musste, das reichte aus, dass die Elche im doch recht dichten Bewuchs verschwanden. Von einem konnte ich zumindest noch einen qualitativ schlechten Nachschuss als Beweis anfertigen. Nun aber wieder zum Zug, der bald in Dombås abfahren und sich die Schleife zum Fjell hoch arbeiten sollte. Die Stelle bei Fokstua erwies sich als ungeeignet, also die Stelle selbst bestimmt nicht, aber ich wäre da sicherlich nicht mehr rechtzeitig hingekommen, da von der Station noch ein Stück zu Fuß zurückgelegt werden musste. So steuerte ich einen kleinen Feldweg an, der hinauf zu einer Hüttensiedlung auf der anderen Seite des Fjells führt. Und nach kurzer Wartezeit kam der Zug dann auch schon angebraust. Eine große Verspätung hätte er nicht mitbringen dürfen, viel Platz war nicht mehr zwischen Sonne und den Bergen.


Mitte August steht die Sonne um halb Neun nur noch knapp über den Bergen - Bm 73 002 zwischen Fokstua und Vålåsjø, das ehemalige EG von Fokstua ragt am rechten Bildrand ein wenig aus den Bäumen und Sträuchern


Donnerstag, 15.08.19

Heute war wieder ein Fahrtag, allzu viel Strecke hatten wir uns aber nicht vorgenommen. Zwar hätte man ohne Probleme bis Oslo fahren können und dann am folgenden Vormittag noch ein wenig Oslo besichtigen können, aber die Übernachtungspreise liegen dort nochmal ein wenig höher. Zudem gehören wir nicht wirklich der Fraktion der Städtetouristen an und das Verkehrsgetümmel in Trondheim hat uns eigentlich schon gereicht. Was das Thema Stadt betrifft, waren wir also schon durch diesen Urlaub. Gefunden wurde eine günstige Unterkunft im Scandic in Hamar, was eine Nettofahrzeit von etwa drei Stunden bedeutete. Viel Zeit also für einige Unternehmungen entlang der Strecke, so auch für einige Fotos, denn das Wetter sollte sich heute von seiner besseren Seite zeigen. Für das erste Foto musste sich tatsächlich beeilt werden, denn der lokbespannte Zug nach Oslo kurvte beim Verlassen der Furuhaugli-Hütte bereits vor Hjerkinn herum. Aber ihn zu erwischen war kein Problem, denn hinter Fokstua, kurz bevor der Abstieg vom Fjell sowohl für Schiene als auch Straße beginnt, existiert ein bewuchsfreier, gut vom Straßenrand einsehbarer Abschnitt. Als ungleich problematischer stellten sich die zahlreichen Wolken heraus, die in dichter Folge über das Fjell flogen und schließlich auch ihrer Finger ins Spiel brachten, als der Zug erschien. Da die Trasse hinunter nach Dombås einen großen Bogen beschreibt und der Zug dort auch einen mehrminütigen Stopp einlegt, evtl. sogar wieder mit Warten auf den Bus, wurde nochmal der Bahnhof Dovre angesteuert, in der Hoffnung, dass die vor zwei Tagen gesehenen Arbeiten bereits beendet sind. Waren sie nicht, Bagger und Radlader standen noch an der gleichen Position und auch der Zug kam, während ich noch auf der Suche nach der geeignetsten Position war, deutlich eher als erwartet. Mit dem SEV-Anschluss schien heute alles geklappt zu haben.


Fotogen und in äußerlich hervorragendem Zustand präsentieren sich viele Empfangsgebäude entlang der Dovrebahn, auch wenn dasjenige der Gemeinde Dovre, welche der Bahn ihren Namen spendete, nicht mehr als solches genutzt wird


Die Kirche zu Dovre

Gemächlich fuhren wir weiter, sowohl Bahn als auch E6 verlaufen mal näher mal weiter entfernt durch das Gudbrandstal, dem mit mehr als 300 Kilometern längste Tal Norwegens. Für uns gab es erstmal eine kleine Essenspause inklusive ausgedehnten Verdauungsspaziergang. Je weiter südlich man fährt, desto großzügiger, gar autobahnähnlich zeigt sich die Fernstraße. Von der Bahn sieht man nicht mehr viel, da wir aber Zeit hatten wechselte ich bei Fåvang die Talseite und folgte der Bahn auf einer schmalen, teils unbefestigten Straße. Obwohl die Strecke zumeist nur hinter Bäumen zu finden ist, entdeckte ich deutlich mehr Motive als für die zwei in der nächsten Zeit hier entlangfahrenden Züge, ein Containerzug nach Süden und einen lokbespannten Personenzug nach Trondheim, nötig wären. Die Wolkensituation beeinflusste zusätzlich die Standortentscheidung, denn inzwischen war es ein munterer Sonne-Wolken-Mix, wobei auf der Talseite der Bahn gefühlt deutlich größere und dichtere Wolken herumschwebten. So wurde es auch ein ziemliches Nervenspiel, da bis etwa zwei Minuten vor dem Erscheinen des wieder mit einer schwarzen El 14 bespannten Containerzuges eine große Wolke einfach nicht Platz machen wollte, dann aber plötzlich weiterzog und einen Berg im Bildhintergrund mit ihrem Schatten zudeckte. Das beeinträchtigt das Bild zwar auch, ist mir so aber lieber als andersherum.


Auf dem Weg nach Oslo verläuft die Strecke zu einem Großteil entlang des Gudbrandsdallågen, der hier bei Fåvang schon fast wie ein See wirkt

Der von Süden kommende Personenzug ließ noch etwas auf sich warten, die Zeit verbrachten wir sehr entspannt bei Skogen, wo es einen kleinen strandähnlichen Abschnitt gibt. Ebenso gibt es hier auch eine kleine, nicht mehr genutzte Bahnstation, die einen fotogenen Eindruck machte, als Motiv aber leider nicht infrage kam, da die Bergschatten sie bereits erfasst hatten. Apropos Schatten, auch die Wolkenschatten wurden zunächst zahlreicher, verschwanden dann aber zugunsten eines sich schnell ausbreitenden Schleierfeldes. Was in einer knappen Stunde so alles am Himmel passieren kann. Für den Zug, Rt 45, suchten wir eine bereits zu Tretten gehörende Ansammlung einiger Häuser samt Bauernhof auf.


Vor ein paar Jahren waren die El 18 noch rot-schwarz, aber auch mit dem Silber kann ich leben – Rt 45 nach Trondheim zwischen Tretten und Skogen

Danach fuhren wir weiter nach Lillehammer zur Skisprungschanze, denn diese bietet dank ihrer exponierten Lage einen hervorragenden Blick auf die Stadt und den Mjøsa-See. Zur Schanzenanlage zu gelangen erwies sich als gar nicht so einfach, aufgrund eines Fests oder einer ähnlichen Veranstaltung waren einige Straßen gesperrt und die Umleitungen nur teilweise oder gar nicht ausgeschildert. An der Schanze, die ich bislang nur als Baustelle vor den olympischen Spielen kannte, herrschte reges Treiben und das waren bei weiten nicht nur Touristen. Viele Einheimische nutzten die Treppen neben den Schanzen zu Workout oder Training. Da kann man sich schon sehr faul vor, als man im gemächlichen Touritempo die Treppen erklomm und die Ambitionierten vorbeiziehen sah. Bergab gaben wir uns nicht die Blöße und nahmen gleich den Sessellift.


Blick vom Lysgårdsbakken, wo 1994 die Eröffnungs- und Schlussfeier der olympischen Winterspiele stattfanden, die von vielen als die gelungensten der Geschichte bezeichnet werden, auf die Stadt Lillehammer und den Mjøsa, der sich von hier an noch mehr als 100 Kilometer gen Süden erstreckt und das nördliche Ende einer transkontinentale Bruchzone, der Mittelmeer-Mjösen-Zone, bildet

Nun lagen nur noch ein paar Kilometer bis zum Etappenziel in Hamar vor uns, aber das sollte noch etwas dauern. Neben einem geplanten Stopp fürs Abendessen, verzögerte auch ein langer Baustellenabschnitt und noch ein Zugfoto die Ankunft. Das Foto war eigentlich gar nicht geplant, aber kurz hinter Lillehammer verläuft die Strecke ein Stück sehr frei am gegenüberliegenden Ufer des Mjøsa und sah ich da hinten nicht einen Zug? Ich täuschte mich nicht und bog in den kurz danach auf der Gegenfahrbahn auftauchenden Rastplatz ein, stellte aber erstaunt fest, dass die Einfahrt ausschließlich für Autos aus der Gegenrichtung gedacht und damit sehr spitz war, was ein Zurücksetzen auf die stark befahrene E6 nach sich zog, da der Wendekreis unseres Schwedenkombis nicht ausreichte. Glücklicherweise passte das gerade mit einer Verkehrslücke. Wie mir meine Frau dann, nicht gerade erfreut über diese Aktion, mitteilte, hatte ich beim Blick auf Zug und Strecke die Hinweisschilder übersehen, dass der Rastplatz nicht von unserer Fahrbahnseite aus angefahren werden darf. Liebe Kinder, nicht nachmachen! Für Diskussionen über korrektes Verhalten im Straßenverkehr war jetzt aber keine Zeit, der Fotoapparat musste wieder hervorgekramt und das Teleobjektiv montiert werden, denn das war schon ein gutes Stück einmal quer über den See. Just, als ich den Fotoapparat wieder verstaut hatte, tauchte plötzlich aus Lillehammer noch ein Zug auf. Eigenartig, aber willkommen, also das ganze Procedere noch einmal. Trotz der vielen Schleierwolken bekamen beide Züge noch eine gute Portion Licht ab und konnten an mehreren Stellen in Nullen und Einsen verewigt werden, der zweite Zug glänzte teilweise sogar richtig in der Abendsonne.


Das letzte Eisenbahnfoto des Urlaubs zeigt passenderweise auch die letztgelieferten Triebwagentype der NSB, pardon Vy, die der Stadler Flirt-Produktfamilie entstammenden Bm74 und 75, wobei erstgenannte hauptsächlich die als Intercity bezeichneten Leistungen Lillehammer-Oslo-Drammen übernehmen – IC 332 wird es aber nicht gewesen sein, der fuhr ein paar Minuten vorher schon am Mjøsa entlang

Danach begann die Suche nach einem Restaurant, es war ja auch schon recht fortgeschritten. Eine große Auswahl gab es bis Hamar nicht mehr. In Moelv, wieder am anderen Ufer des Sees wurden wir in einer Pizzeria nahe der E6 fündig, von außen sah das zwar etwas baufällig aus, innen hingegen umso besser und die Preise waren auch in Ordnung, für norwegische Verhältnisse. Nicht in Ordnung war hingegen das Kartenlesegerät des Wirts, das versagte mehrfach seinen Geist. Meiner Sorge, dass dies ein Problem unseres Zahlungsmittels darstellte, schließlich hatten wir die im Urlaub ordentlich geschröpft, Barzahlung ist in Skandinavien „out“, konnte er gleich entgegnen, dass das Ding schon seit Tagen Mucken macht, der Techniker oder ein Neues wohl aber erst Morgen da wäre. Aber was tun, Bargeld hatte ich nicht und Anschreiben ist bei Touris auf der Durchreise wohl auch nicht drin. Er bot mir an, dass sein Bruder mich in den Ort zu einem Automat fahren kann, sodass ich dort Geld abheben könne. Hinzuzufügen ist, dass die Betreiber dieses Familienbetrieb nahöstlicher oder nordafrikanischer Herkunft waren und während ich schon an Sachen wie Clankriminalität dachte geleitete mich sein „Bruda“ bereits zu seinem Auto, einem tiefergelegten Audi. Okay, in Deutschland wäre es wohl ein BMW gewesen. Aber das klappte alles ganz gut. Ich wurde nicht mit vorgehaltener Waffe oder unter Androhung von Gewalt gegen meine Familie zum Abheben einer hohen Summe gezwungen, sondern konnte sogar noch einen Containerzug bei der Durchfahrt durch den Ort beobachten. Als wir das Hotel in Hamar erreichten, war es schon dunkel und wir ziemlich müde.


Freitag, 16.08.19

Auch der heutige Tag hielt wieder eine kleine Überraschung bereit. Als wir die Sachen im Zimmer packten und zum Auschecken schreiten wollten, ertönte plötzlich die Feuersirene in Zimmer und Fluren. Also Jacken an und runter zum Sammelpunkt. Schnell war klar, dass es sich nicht um ein Feuer handelte, ich vermutete einen ungeduldigen Raucher. Während ich überlegte, wie weit wohl die Feuerwehr entfernt ist und wie lange diese bis hier her brauchen würde um dann nach einem sorgfältigen Check das Gebäude wieder freizugeben und ob es dann knapp mit der Fähre werden könnte, riefen die Hotelbediensteten alle Gäste wieder hinein, es handelte sich um eine Übung unter Realbedingungen. Für uns gut, obwohl mich das schon interessieren würde, ob das Hotel haftet, wenn man durch so eine Aktion Zug oder Flug verpasst. Die Fahrt nach Oslo verlief weitgehend unspektakulär, abgesehen vom stärker werdenden Regen. Die E6 ist im Prinzip vollständig als Autobahn ausgebaut. Der Verkehr verdichtete sich stetig, je näher wir der Landeshauptstadt kamen, aber selbst dort floss es noch ganz gut. Da wir noch etwas Zeit hatten, steuerten wir den Holmenkollen an, von dort hat man, analog zu Lillehammer, einen hervorragenden Blick über die Stadt. Na gut, hätte man, denn die Schanze lag in den Wolken. So fuhren wir nach einem kurzen Spaziergang im Regen zur Fähre, denn 14:00 Uhr würde diese ablegen. Lange anstehen mussten wir nicht und kurz darauf hatten wir schon das Schiff betreten, bzw. befahren. Nun war noch etwas Zeit bis zur Abfahrt. Neben dem Einrichten in der Kabine verbrachten wir diese an Deck. Von dort war auch ein Stück Strecke zu sehen und erst dachte ich, ich könnte vom Schiff aus noch eine S-Bahn oder ähnliches festhalten, aber beim Nachschauen fiel mir auf, dass es sich bei den Gleisen wohl um eine Anschlussbahn zum Hafen handelte und den Gefallen eines Güterzuges tat mir niemand. Die „Color Fantasy“ begann ihre Reise 15 Minuten vor Plan. Die Fahrt in Richtung Skagerrak führt zunächst den dichtbesiedelten Oslofjord entlang, an Deck wird es durch die zahlreichen Ortschaften nicht langweilig, auch die Sonne zeigte sich immer mehr. Nachdem das Schiff den Oslofjord hinter sich gelassen hatte, wurde die Fahrt unruhiger, der Skagerrak ist ja bekannt für seine diffizilen Seebedingungen. Auf die Spucktüten konnte aber verzichtet werden, stattdessen machten wir ein wenig das Schiff unsicher. Im Vergleich zu den Stena-Schiffen der Göteborg-Linie sind die der Oslo-Linie deutlich besser ausgestattet, besonders was die Möglichkeiten Geld auszugeben betrifft.


Vom Achterdeck hat man einen schönen Blick auf den Oslofjord


Das Promenadendeck der „Color Fantasy“ - die Linie Oslo-Kiel wird von der Reederei als Mini-Kreuzfahrt beworben und das, wo Kreuzfahrten doch gerade so in der Kritik stehen, nach einer Nacht und einem halben Tag kann man das schlechte Gewissen wieder abstreifen

Der Abend wurde mit einem leckeren Essen auf dem Promenadendeck und dem Bundesligaauftakt in der Kabine abgerundet. Die Schiffsbewegungen tendierten zu späterer Stunde wieder gegen Null.


Samstag, 17.08.19

Das Frühstück an Bord war umfangreich und wohlschmeckend, zudem kam es trotz der vielen Fahrgäste zu keinerlei Gedränge. Nach dem Mahl und dem Zusammenpacken verfolgten wir an Deck die Einfahrt in den Kieler Hafen. Das Entladen der Autos zog sich eine Weile. Die Ankündigung über Lautsprecher, dass bitte alle Papiere zur Passkontrolle griffbereit zu halten sind, wurde nicht in die Tat umgesetzt und nachdem wir in Kiel noch Bekannte besucht hatten, trafen wir am Abend wieder wohlbehalten in der mittelsächsischen Heimat ein. Während in Kiel noch eher skandinavisches Wetter herrschte, zeigte die Temperatursäule hier trotz später Stunde deutlich über 20°C. Diesem Wärmeschock musste mit einem kühlen Hopfengetränk begegnet werden, was nach zwei Wochen Norwegen nicht nur wegen des gelungenen Urlaubs hervorragend mundete.


Mitteleuropa hat uns wieder - Kiel empfängt uns mit skandinavischem Wetter und zwei CO2-Schleudern im Hafen


Fazit

Eine hervorragende Rundreise. Aus eisenbahnfotografischer Sicht bin ich recht zufrieden. Natürlich kann man es ärgerlich finden, dass beide Dågtogs nicht lokbespannt verkehrten, der Di4-Einsatz entlang des Fjords entschädigte aber dafür und ich glaube, es wären sonst auch nicht mehr Di4-Fotos geworden. Ich bin nach wie vor erstaunt, wie viele Fotos knapp gelungen sind. Mit etwas weniger Glück wären es nur eine Handvoll Sonnenfotos geworden. Die Wettervorhersagen konnte man da oben komplett vergessen, es sei denn sie waren richtig schlecht, das stimmte meistens. Ansonsten stellte sich das Fotografieren in Norwegen als sehr angenehm dar. Zum Einen natürlich aufgrund der imposanten Landschaft, wodurch in unseren Breiten dann wieder erstmal Motivation zum Fotografieren gefunden werden muss. Zum Anderen stellt der dünne Fahrplan auch eine Einladung an Müßiggang, Erholung oder Aktivitäten fernab der Schiene dar. Und für Familienurlaub ist das auch ganz hilfreich. Mal schauen, wie es mit der Bahn in Norwegen weitergeht. Soweit ich weiß, übernehmen die SJ ab kommenden Fahrplanwechsel die Nordlandsbahn. Ob die 40 Jahre alten Di4 dann weiter zum Einsatz kommen, kann ich nicht beurteilen. Eine wirkliche Alternative scheint zumindest in meinen Augen nicht zur Verfügung zu stehen. Des Weiteren wird sich auch auf der Dovrebahn auch einiges ändern und auch die Verkehre auf der Strecke nach Bergen sollen neu vergeben werden. Was den Güterverkehr betrifft, so scheint man eher auf die Gummibahn zu setzen, wovon der intensive Ausbau der E6 zeugt.

Ansonsten bleibt uns ein landschaftlich begeisterndes Land in Erinnerung, vielleicht sogar das schönste Europas. Die Menschen geben sich zumeist zurückhaltend aber freundlich. Ein wenig stören die teilweise horrenden Preise, obwohl man das mittels Anpassung der Urlaubsgestaltung durchaus abfedern kann. So relativieren sich die höheren Kraftstoffpreise durch eine viel sparsamere Fahrweise aufgrund niedrigerer Geschwindigkeit und flüssigerer Verkehrsführung. Und nicht wenige Sachen waren bspw. Günstiger als in der Schweiz.


Wer bis hierin gelesen hat, vielen Dank!

Grüße
björn