Derzeit sind bereits mehr als 50 Zweikraftlokomotiven in Deutschland im Einsatz (Last Mile nicht mitgerechnet), und es kommen weitere hinzu. Mit der ab 2023 geplanten Auslieferung von 100 Zweikraftlokomotiven für den Übergabeverkehr an DB Cargo (plus Option über bis zu 300 weitere Loks) wird sich eine aus meiner Sicht schon heute problematische Regelung für Zweikraftlokomotiven dann noch wesentlich negativer auswirken:
Damit ist derzeit ein Wechsel der Traktionsart nur noch nach einem Halt im Bahnhof und nach Zustimmung des Fahrdienstleiters erlaubt (obwohl es technisch während der Fahrt ginge). Dies führt schon heute dazu, daß wieder unnötig unter Fahrdraht gedieselt wird, und daß zusätzliche Zeit und Energie für die extra dafür notwendigen Halte aufgewendet werden muß.
Zwar gilt es natürlich sicherzustellen, daß im Elektromodus keine Einfahrt in nicht elektrifizierte Gleise oder Gleise mit abgeschalteter Oberleitung erfolgt. Aber würde es dazu nicht genügen: - daß dem Fahrdienstleiter Züge mit Zweikraftlok anhand Fahrplan/Zugnummer usw. eindeutig kenntlich gemacht werden? - daß der Fahrdienstleiter sich vor dem Einstellen einer solchen kritischen Fahrstraße (d.h. elektrisch—>nicht elektrisch) fernmündlich vom Tf bestätigen lässt, daß der Dieselmodus der Lok aktiviert wurde?
Warum ist dafür zwingend immer ein Halt im Bahnhof notwendig? Ich verstehe es als Laie nicht. Die obige Regelung soll übrigens dem Vernehmen nach vom EBA ausgegangen sein. Man kann nur hoffen, daß man künftig doch wieder zu einer flexibleren Lösung kommt. Mit einer integrierten Eisenbahn wäre das sicher leichter zu bewerkstelligen, als mit der heutigen zerklüfteten Organisation aus EVU‘s , EIU‘s und Behörden, wo jeder nur sein eigenes Süppchen kocht.
Ja, grundsätzlich verpufft dadurch der Vorteil einer Mehrkraftlok. Hintergrund sind aber mehrere Vorfälle sowohl DB Netz seitig, als auch von EVU verursacht, wo es zu gefährlichen Ereignissen gekommen ist. (Unteranderem in Gößnitz) DB Netz ist einfach noch nicht dafür gewappnet das reibungslos zu gestalten (Signalisierung, Zuglenkung usw.). Der Systemwechsel musste bereits vor dieser Regelung vom EVU im Trassenportal eingeplant werden. Deine Idee, dass der Fdl jedem Zug hinterher telefoniert ist praktisch nicht umzusetzen. Es wird noch ein wenig dauern, bis da eine finale Lösung da ist, spätestens wenn DB Cargo nachzieht wird da bei Netz Druck auf den Kessel kommen. Und solang wird es wohl diese Regelung geben.
Zitat von BR 232 Fan im Beitrag #2Deine Idee, dass der Fdl jedem Zug hinterher telefoniert ist praktisch nicht umzusetzen.
Wobei das mit dem vielen Telefonieren ja jetzt auch schon der Fall sein müßte, wegen der notwendigen Zustimmung des Fdl zu jedem Traktionswechsel, so wie ich die oben verlinkte Regelung verstehe. Nur eben mit dem Unterschied, daß der Zug zuvor halten muß, was das Handling natürlich beherrschbarer und sicherer macht.
Aber wie könnte es denn dann künftig gehen? Vielleicht könnte man genau definierte Abschnitte schaffen und mittels blauer Tafeln signalisieren und gleichzeitig im Fahrplan exakt kennzeichnen, wo ein Traktionswechsel im Regelfall immer durchzuführen ist. Ein Halt seitens des Tf mit Einholung der Zustimmung wäre dann nur noch erforderlich, wenn ausnahmsweise doch abseits dieser definierten Abschnitte gewechselt werden muß. Und umgekehrt müsste der Fdl einen Zug nur noch dann vor einem solchen Abschnitt stellen, wenn ausnahmsweise doch nicht wie geplant gewechselt werden darf (z.B. bei gestörter Oberleitung, bei abweichendem Fahrweg).
Naja, das ist wahrscheinlich auch nicht so ganz praxistauglich, vor allem im Bahnhofsbereich. Hoffen wir, daß die Fachleute bessere Ideen haben. Denn man wird m.E. auf jeden Fall flexiblere Lösungen brauchen. Neben den erwähnten Zweikraftloks mit Diesel/Elektro in höherer Zahl kommen ja vsl. nun auch noch verstärkt batterie-elektrische Fahrzeuge im Personenverkehr hinzu.
Zitat von Bw Adorf im Beitrag #4Darf man zu den Vorfällen, welche zu gefährlichen Ereignissen führten, Genaueres wissen?
Ich meine, daß es zu dem Fall in Gößnitz hier im Forum mal Infos gab, finde sie aber leider nicht mehr. Laut meiner Erinnerung (welche falsch sein kann) war es so, daß der betroffene Zug von der nicht elektrifizierten Strecke in den elektrifizierten Bahnhof einfuhr und vom Fdl in dem Glauben, die Lok befände sich noch im Dieselmodus, in ein Bahnhofs-Gleis mit gestörter/geerdeter Oberleitung geleitet wurde. Der Tf hatte vorher aber bereits in den Elektromodus gewechselt.
An sich ist die Idee der Zweikraft nicht schlecht. Es werden sich für die Problematik mit der Regelung des Wechsels der Antriebsart sicher noch Lösungen finden lassen. Gruß vom BK