Weil ich mich besonders für die Geschichte der Eisenbahn in meiner Region interessiere, soll es hier um das Einst und Jetzt des Hetzdorfer Viaduktes gehen. Ich hoffe dass ich euch vielleicht noch was Neues erzählen kann.
Die Geschichte beginnt in den 1860er Jahren mit der Frage nach dem Streckenverlauf des letzten Teilstücks der Strecke von Dresden nach Werdau, zwischen Freiberg und Chemnitz. Anfangs wurde eine Variante über Hainichen favorisiert. Als man sah, dass die Strecke Teil einer Fernverkehrsverbindung zwischen Schlesien und Süddeutschland werden würde, lies man diese Idee jedoch fallen. Man entschied sich für die kürzere, aber auch teurere Streckenführung über Oederan. Oberingenieur Sorge lieferte den Entwurf für die Brücke und Sektionsingenieur Clauß sollte den Bau ausführen. Nachdem der Bau der Strecke 1864 vom sächsischen Landtag beschlossen wurde, begann man im Jahr 1866 mit den Bauarbeiten. Für den Transport der Materialien wurde extra eine 6,23km lange Bahn von Flöha zur Baustelle angelegt. Die Kosten beliefen sich damals auf 550.000 Taler. Außerdem mussten einige Arbeiter mit ihrem Leben bezahlen, wieviele Menschen beim Bau genau ums Leben kamen ist allerdings nicht bekannt. In unserer Ortschronik wird von der feierlichen Schlusssteinsetzung am 16. Mai 1868 berichtet. Dieser Tag wurde nicht nur für die beteiligten Bauarbeiter zum Feiertag, sondern auch für viele Menschen aus den umliegenden Orten. 4 Monate später, am 23. September, befuhr die erste Lok als Belastungsprobe die Brücke. Erst am 1. März des Folgejahres wurde die Brücke eröffnet, da man noch mit der Fertigstellung des zweiten Gleises beschäftigt war. Somit wurde 3 Jahre nach Baubeginn das letzte Bauwerk der Strecke fertig gestellt. Es ist 43m hoch und 328m lang und überspannt das Flöhatal mit 4 großen, 22,66m breiten; 7 mittleren, 17m breiten und 6 kleinen, 5,66m breiten Bögen. Eine weitere, für eine Brücke besondere, Eigenschaft sollte ihr ein Jahrhundert später zum Verhängnis werden. Denn das Viadukt Verläuft mit einem Radius von 572 Metern in einer starken Steigung.
Bereits 1928 waren erste Instandsetzungsarbeiten nötig.
Die nächste Wichtige Station in der Geschichte der Brücke ist das Ende des 2. Weltkrieges. Als die Rote Armee auf dem Vormarsch war, wollte man das Bauwerk sprengen. Die Zerstörung konnte allerdings wie wir alle wissen abgewendet werden. Allerdings gibt es 3 unterschiedliche Aussagen wie die Sprengung verhindert werden konnte. Doch in einem Punkt sind sich alle Varianten einig – man konnte die Verantwortlichen davon überzeugen, dass eine Zerstörung sinnlos ist.
1965 wurde auf der Brücke eine Langsamfahrstelle eingerichtet. Zuvor hatte man mehrere Mängel festgestellt. So führten beispielsweise Abdichtungsschäden, zu hohe Achslasten und Risse in den Pfeilern zu einer Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit. Später folgte eine weitere Herabsetzung von 50km/h auf 30km/h und schlussendlich auf 20km/h. Zwischenzeitlich konnte der bauliche Zustand der Brücke durch einen veränderten Oberbau stabilisiert werden. Nachdem man die Strecke zwischen Dresden und Werdau in den 80er Jahren elektrifiziert hatte, passierten täglich bis zu 200 Züge das Bauwerk. Alle Möglichkeiten zur Brückensanierung wurden aufgrund zu großen Aufwandes, zu langer Bauzeit und zu geringer erwartender Nutzungsdauer verworfen.
Ab 1979 wurden die Untergrundverhältnisse entlang der Neubautrasse geprüft, nachdem man sich für eine Variante mit Spannbetonüberbrücken mit Durchlaufträgern entschieden hatte. Der 10. Januar 1986 sollte das Ende der Brücke einleiten. An diesem Tag beschloss der Ministerrat der DDR die Begradigung des Streckenabschnittes. Die Neue Trasse ist knapp 2 Kilometer lang und steigt mit bis zu 16,8 Promille an. 1987 war es soweit, der Bau begann und sollte erst nach 5 Jahren abgeschlossen werden.
Schließlich konnte sich die „alte Dame“ nach 123 Jahren in den verdienten Ruhestand verabschieden und die Arbeit am 12. Mai 1992 an ihre beiden Nachfolgerinnen abgeben. Dazu ein Video dass ich auf Youtube gefunden habe:
Nachdem Abbau der Gleisanlagen und dem Pflastern der Brücke ist sie nun Teil des Fernwanderweges Ostsee-Saaletalsperren und ermöglicht den Blick in das schöne Flöhatal. Der Interessenverein „Hetzdorfer Viadukt“ kümmert sich mit seinen mehr als 30 Mitgliedern um den Erhalt des Bauwerkes und veranstaltet regelmäßig Feste auf und unter der Brücke. Aber zum Vereinsleben gehören auch Arbeitseinsätze um das Viadukt in Schuss zu halten. Unterstützt wird der Verein seit einigen Jahren von den Feuerwehren aus Falkenau und Deutschneudorf.
Als Mitglied der Falkenauer Feuerwehr möchte ich gern erklären was man sich unter der Hilfe vorstellen muss. Die Deutschneudorfer Kameraden verfügen über eine Höhenrettungstruppe, um im Notfall im Besucherbergwerk Fortuna Stollen Hilfe leisten zu können. Genau an dieser Stelle tritt das Hetzdorfer Viadukt auf den Plan. Der Brückenverein stellt der Feuerwehr die Brücke für Übungszwecke zur Verfügung und im Gegenzug hilft man bei der Instandhaltung. 2013 wurden mithilfe eines Kranes und zahlreichen Abseilaktionen Wasserspeier gereinigt und Pflanzen entfernt. Hier ein paar Bilder dieser Aktion.
Blick von der Brücke auf das Hochwasser der Flöha im Juni 2013:
Ich hoffe dass der Artikel nicht zu langweilig geworden ist und ich euch das ein oder andere erzählen konnte was ihr noch nicht gewusst habt. Bitte haltet euch mit (konstruktiver) Kritik nicht zurück, sagt bitte was ich beim nächsten Mal anders machen sollte um es interessant(er) zu gestalten.
Wer Lust und Zeit hat kann diesen September zum Brückenfest vorbeischauen.
Gruß Philipp
We love animals, yes we do - put them on the Barbecue!
Zitat von FalkePhilipp im Beitrag #2Wenn mir dann nochmal jemand in einer PN erklären könnte wie ich die Bilder direkt sichtbar machen kann wäre ich euch sehr dankbar. :-D
Hallöchen Philipp!
Ich bin mal so frei gewesen und habe die Bilder „Sichtbar“ gemacht! Eine Anleitung zum Bilder in Beiträge einbinden findest du hier > Bilder in Beiträge einbinden