Hallo,

hiermit lade ich zu einer bildlichen und schriftlichen Retrospektive unserer letzten Sommerreise ein.

Wohin führte uns die Reise? Im Grunde stand das Ziel bereits seit längerem fest, musste jedoch immer wieder verschoben werden. Zunächst war es wegen Corona etwas unsicher zeitig zu buchen und als es dann sicher war, war die Auswahl an Unterkünften zu gering oder die Preise zu hoch. Dann änderte sich mal etwas am Reisezeitraum und verunmöglichte das Ganze. Kurzum, es war an der Zeit, dass es mal klappte. Eine Bahnreise nach London und dann weiter mit dem Nachtzug nach Schottland und mit dem Schiff wieder zurück. Im Nachhinein muss ich gestehen, dass ein früherer Zeitpunkt dem Reisevergnügen wahrscheinlich erheblich geschadet hätte, befinden sich unsere Kinder doch inzwischen in einem Alter, in welchem lange Zugfahrten ohne große Sorgen um Langeweile, Quengeln oder dergleichen möglich sind. Wenngleich man bei pubertierenden Teenagern dann natürlich mit anderen Problemen zu kämpfen hat.
Schottland lockte nicht nur mit der schönen Landschaft, die ich von einem elterlichen Urlaub in den Neunzigern als vergleichbar zu Norwegen in Erinnerung hatte, sondern den Eisenbahnfotografen auch mit dem Einsatz der High Speed Trains oder auch Intercity 125, die für mich seit dem ersten Eisenbahnquartett wie keine andere Baureihe den britischen Eisenbahnverkehr repräsentieren und in Schottland quasi als hochwertiger Nahverkehr ihr vielleicht letztes Refugium besitzen. Zudem sprach auch das Klima für das Reiseziel, denn nach unserem schweißtreibenden Urlaub im vergangenen Jahr (www.eisenbahnforumvogtland.de) dürstete es uns mehr nach Abkühlung, was das übliche Wetter der britischen Inseln, die beim Blick auf die Europakarte ziemlich genau die entgegengesetzte Richtung darstellen, definitiv versprach.

Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, nicht so viele Worte zu verlieren und mehr Bilder sprechen zu lassen, aber mal schauen, ob mir das gelingt.

Ich versuche, soweit mir möglich unsere jeweils getätigten Fahrten mit Zugnummern oder Zeiten zu ergänzen, obwohl mir solche Dinge immer ziemlich egal sind. Also nicht wundern, wenn die eine oder andere Zugfahrt nicht „nummeriert“ ist. Bei den Metrofahrten in London wäre ich schon froh, wenn ich sie nach ein paar Wochen überhaupt noch rekapitulieren kann.

Teil I [hier]
Teil II [www.eisenbahnforumvogtland.de]
Teil III [www.eisenbahnforumvogtland.de]
Teil IV [www.eisenbahnforumvogtland.de]
Teil V [www.eisenbahnforumvogtland.de]


Sonntag, 30.06.24

Zeitiges Aufstehen war angesagt. Das Tagesziel heute war London St. Pancras. Klingt toll. Tatsächlich kann man das von Freiberg aus sogar mit relativ christlicher Aufstehzeit erreichen, wobei man es da immer mit relativ knappen Umsteigezeit zu tun hat. Zum Beispiel 20 Minuten in Frankfurt, die schnell mal weg sein können. So wurde eine Verbindung mit ausreichend Umsteigezeit in Frankfurt gewählt. Eigentlich hätte man erst halb acht in Freiberg am Bahnhof sein müssen, aber da beim Blick auf die App gleich nach dem Aufstehen Stellwerksstörung in Tharandt aufploppte und die Nahverkehrszüge alle mit Verspätung unterwegs waren, wurde die Morgenroutine beschleunigt und rechtzeitig zum Intercity aus Chemnitz standen wir bereit.

IC 2272 Freiberg (Sachs) – Dresden Hbf  ICE 1652 Dresden Hbf – Frankfurt (Main) Hbf

Den IC nutze ich öfter auf dem Weg zur Arbeit, jetzt am Wochenende fährt da natürlich kaum jemand mit. Die Stellwerkstörung in Tharandt war anscheinend auch behoben, wir erreichten Dresden pünktlich und hatten somit genug Zeit zum Umstieg. Der 411er stand dann auch schon relativ zeitig da. Ich hatte eine 4er-Sitzgruppe am Ende des Wagens gebucht, da man da noch etwas Platz zwischen der gläsernen Trennwand und den Sitzen für Gepäck hat. Der Zug war gut voll und erreichte Frankfurt tatsächlich mit etwas Verspätung. Dennoch hätte man hier den TGV nach Paris erreicht, womit man schon gegen 17:30 Uhr Ortszeit in London angekommen wäre, aber da mir bei TGV-Buchungen so ein wenig die Scheiße am Fuß klebt, wie der jüngst verstoreben Andi Brehme einst fabulierte, war es vielleicht besser ihn fahren zu lassen. So hatten wir nun knapp 90 Minuten Zeit, die wir für ein Mittagsmahl in der Kantine nutzten, eine der wenigen, die auch am Sonntag geöffnet hat. Noch ein wenig hier und da schauen und schon standen wir wieder am Bahnsteig bereit, denn unser nächster Zug sollte hier seine Fahrt beginnen und wir sollten mit ihm bis zum Ende mitfahren.

ICE 14 Frankfurt (Main) Hbf – Bruxelles Midi

Auch über diese Zugfahrt gibt es wenig zu berichten, außer, dass sie ziemlich schnell war, wobei ich annahm, dass auf der belgischen Schnellfahrstrecke ebenfalls 300 km/h oder mehr gefahren wird, vielleicht bestand ja auch keine Notwendigkeit zum Rasen, denn wir erreichten den Zielbahnhof pünktlich.


Flughöhe Null zwischen Frankfurt und Köln

In Bruxelles-Midi bzw. Brussel-Zuid bestand ebenfalls ein größerer Puffer zum Umsteigen, dieser ist jedoch erforderlich, denn vor dem Besteigen der Eurostar-Züge muss ein flughafenähnlicher Bereich mit Sicherheits- und Passkontrolle durchquert werden. Ob das jetzt erst nach dem Brexit eingerichtet wurde oder bereits vorher bestand, habe ich nicht weiter recherchiert. Eurostar selbst schrieb in den Ticketbenachrichtigungen von einer Check-In Zeit 30 Minuten vor Abfahrt. Gleichwohl hatte sich bereits 50 Minuten vor Abfahrt binnen kurzer Zeit eine erhebliche Schlange gebildet, die mich sowohl meinen mit der Intention eines Fotos eines AM80-Triebwagens getätigten Ausflug an die Bahnsteige bereuen als auch am rechtzeitigen Erreichen unseres gebuchten Zuges nach London zweifeln ließen. Eine kurze Nachfrage „ganz vorn“ beruhigte aber mein Gemüt. Und irgendwann ging auch ein ziemlicher Rutsch durch die Reihe und man stand plötzlich vor der Gepäckkontrolle, wo man auch Gürtel und Uhr ablegen musste. Mit der automatisierten Passkontrolle hatte ich zunächst meine Schwierigkeiten, da ich die Kamera, die den Abgleich zwischen Passfoto und tatsächlichem Gesicht erst beim dritten Mal bemerkte. Bis dahin hatte ich immer wieder die Scan-Position meines Reisepasses verändert, da ich dort die Ursache der sich nicht öffnenden Schwenktüren vermutete. Bei meiner Tochter dauerte das dann auch wieder etwas länger, aber wahrscheinlich nur, weil sie sich über mein Missgeschick amüsierte und damit die aktuelle Gesichtsbiometrie nicht der des Passfotos entsprach.
Nachdem wir unsere Plätze eingenommen hatten, musste ich nochmal kurz raus, ein Foto des Triebkopfes machen, denn das war einer der älteren E300, die Anfang der Neunziger speziell von Alstom für den Tunnelverkehr geliefert wurden und schon in größerer Anzahl verschrottet wurden.


Zuid oder Midi, ich hatte immer gedacht das wären zwei verschiedene Bahnhöfe. Zwei Siemens-Produkte bringen ein wenig Farbe in die Bahnhofstristesse


Rohrpost seit 30 Jahren – die in Großbritannien als Reihe 373 bezeichneten Eurostar300

ES 9159 Bruxelles Midi – London St. Pancras International

Bereits beim Einchecken war klar, dass die Abfahrt nicht planmäßig erfolgen würde. Zu viele Menschen befanden sich noch hinter uns in der Schlange und man will ja auch niemanden mit gebuchten Plätzen zurücklassen. Wir hatten keinen Anschluss mehr in London, von daher spielte eine Verspätung keine Rolle. Der Zug war gut gefüllt. Ich habe auch beim einmaligen Durchgang zum Barwagen keinen freien Platz entdecken können. Okay, es war ja auch Sonntagabend, da wollten viele wieder zurück in die Heimat.
Erwähnt werden muss zudem, dass schon während des Wartens als auch während der Fahrt das EM-Achtelfinale zwischen England und der Slowakei lief, das England nach 0:1 Rückstand erst in der Nachspielzeit durch einen sehenswerten Fallrückzieher Jude Bellinghams ausgleichen konnte und in der Verlängerung schlussendlich gewann. Dies wurde von einer kleinen aber sehr lautstarken Fangruppierung ausgiebig gefeiert. Des Weiteren sinnierten sie noch über deutsches Bier und Autos. Ich würde ja sagen, für Fußballfans oberes Niveau, aber ich zähle mich ja selbst als Fußballfan, insbesondere bei Länderspielturnieren. Was mich eher wunderte, war die ruckelfreie Übertragung des Spiels. Am WLAN des Eurostar konnte das nicht liegen, das war grottenschlecht.
Mit einer halben Stunde Verspätung erreichten wir St.Pancras. Da wir in Bruxelles relativ am Anfang des Zuges eingestiegen sind, hatten wir hier nun einige Meter bis zum Ende des Bahnsteigs vor uns. Dabei konnte man aber umso mehr das schöne Hallendach und die sehr aufgeräumte Erscheinung des Bahnhofs genießen. Aufgeräumt auch, da bis auf unseren Zug nur ein weiterer Eurostar den Blick bereicherte. Dieser war bereits einer der neuen Velaros.
Nachdem wir den Bahnhof verlassen hatten, mussten wir erstmal die Londoner Atmosphäre einsaugen. Zunächst mal das imposante Empfangsgebäude, das mehr an einen Regierungspalast erinnert. Dann die vielen klassischen London Taxis und die roten Busse und gleich nebenan ist ja noch ein Bahnhof. Da musste ich kurz mal schauen. Eigentlich kommt man ja in vielen Bahnhöfen in GB nur mit Ticket zu den Bahnsteigen, nun standen in King‘s Cross aber alle Türen offen. Ich machte aber nur ein kurzes Bild vom Bahnsteigende, denn die Familie wollte ja auch noch ins Hotel und dieses war ein kleines Stück entfernt.


Angekommen in der imposanten aber ziemlich leeren Halle von St.Pancras


Auch von außen macht der Bahnhof was her, wobei ich mir nicht sicher bin, ob das wirklich alles zu Bahnzwecken errichtet wurde.


King‘s Cross ist LNER-Territorium, rechts zwei Azumas (diese werden wir noch häufiger sehen) und links ein Steuerwagen einer Inter City 225 Garnitur, von denen auch nur noch zwei Hände voll im Einsatz stehen

Nun war die Zeit für eine Einkehr in das Hotel aber heran. Man hätte dazu auch Underground und Bus nutzen können, aber wir waren nun immerhin schon seit 14h auf den Beinen. Daher wählten wir für den Transfer zum Hotel auch die gemütliche Variante, ein London Cab, die zwischen den Bahnhöfen zuhauf auf Fahrgäste warteten. Zwar bin ich persönlich dem Fortschritt eher zugewandt und bereit alte Zöpfe und Traditionen abzuschneiden, dennoch erfreut mich in London das Festhalten an altern Formen und Farben bei gleichzeitiger Integration neuer Technologien. So sind viele Busse elektrisch betrieben, genau wie unser Taxi, dass uns etwa 25 Minuten nach Fahrtantritt am Danubius Regents Park Hotel absetzte, welches für die kommenden 3 Nächte unsere Unterkunft darstellte.


Montag, 01.07.24

Nach dem Ausschlafen wurde ausgiebig gefrühstückt. Die englische Küche besitzt ja nicht unbedingt einen guten Ruf, wer jedoch ein deftiges Frühstück mag, ist hier gut aufgehoben. Ich persönlich hatte eigentlich gar nichts auf der Must-See-Liste an Sehenswürdigkeiten, aber meine Tochter wollte unbedingt mal mit dem London-Eye fahren, also war das der erste Anlaufpunkt. Vorher galt es aber, sich mit OysterCards zu versorgen. Zwar hatte ich gelesen, dass auch mit einer normalen Kreditkarte bezahlt werden kann und das von den OysterCards bekannte Tageslimit gilt, aber ich wollte mich darauf nicht verlassen, zudem hätte man die Kinder dann immer irgendwie durchschleusen müssen. Zudem ist so eine OysterCard ja auch ein schönes Andenken bzw. kann man sie im Falle einer Wiederkehr nochmal benutzen. Da ich davon ausging, dass es diese nur an Schaltern gibt, liefen wir zum Bahnhof Marylebone, der von unserem Hotel aus nächstgelegene. Da gab es aber nur einen Schalter von Chiltern Railways, die sämtliche Nahverkehrszüge von und nach Marylebone betreiben und an diesem prangte unverkennbar der Hinweis „No OysterCards available“. Aber entgegen meiner Annahme gab es die in attraktiven Blautönen gestalteten Karten auch am Automaten.
Nächster Anlaufpunkt war die Station Baker Street, dorthin hätte man nun auch mit der Tube fahren können, aber wir entschieden uns die paar Meter dann doch zu laufen.


Nicht nur bei den Taxis, auch bei den legendären Doppelstockbussen wird seit 2012 mit dem New Routemaster wieder an die alte Formensprache angeknüpft. Am Bahnhof Marylebone, dessen EG im Hintergrund sogar ein wenig von der Sonne beschienen wird, warten drei Exemplare auf den Beginn ihrer nächsten Runde.

Jubilee Line Baker Street – Waterloo

Von Baker Street nach Waterloo, von einer ikonischen Saxophonmelodie zu einer ikonischen schwedischen Band, deren Konterfeie zahlreiche Plakatwände zieren. Mich überraschte die geringe Innenhöhe der Fahrzeuge, mit mehr als 1,90 Meter Körpergröße könnte man Probleme bekommen. Zudem war es doch ganz schön Laut in der Röhre.


Wer bei der Baker Street nicht direkt an Sherlock Holmes denkt, der hat vielleicht einen Saxophon-Ohrwurm. Ein 1996 von Alstom gelieferter Zug schießt auf der Jubilee Line aus der Röhre.

In Waterloo entstiegen wir dem Zug und liefen zum London Eye. Allgemein schon mal ein Lob an die Ausschilderung im Untergrund. Wir haben immer ohne Probleme den richtigen Ausgang aus dem Wirrwarr an Gängen und Rolltreppen gefunden. Am LondonEye mussten erstmal Tickets besorgt und dann in der Warteschlange ausgeharrt werden, es ging aber zügig vorwärts und etwa 35 Minuten später standen wir in einer der augenförmigen, verglasten Kabinen und genossen den Blick über die Stadt. In die Kabinen passen wohl ca. 30 Personen, aber in unserer befand sich höchstens die Hälfte. Ich grübelte nicht darüber, ob ich das jetzt gut fand, weil es während der Rotation angenehmer ist oder schlecht, weil man bei voller Belegung die Wartezeit erheblich verkürzt hätte.


Eines der größten Speichenräder der Welt – das Auge von London


Vom LondonEye fällt der Blick nach unten auf den südlichen Brückenkopf der Hungerford Bridge, wo gerade ein Southeastern-Zug, es könnte 1D66 von Gravesend sein, seine letzten Meter zum am anderen Ufer der Themse befindlichen Bahnhof Charing Cross bestreitet. Auf eine aufwändige Entfernung der Spiegelungen habe ich verzichtet.


Blick in die andere Richtung mit dem Westminster Palace und Westminster Abbey in der rechten Bildhälfte.

Da meine bessere Hälfte heute nochmal durch den Greenwich Park flanieren wollte und der doch ein gutes Stück weg war vom LondonEye waren die Karten für den Tag gelegt. Man hätte natürlich einfach weiter mit der Tube fahren können, aber wir wollten ja büschen was sehen. So bestiegen wir einen ThamesClipper, welchen wir mit den OysterCards nutzen konnten und zudem den Charme besaß, dass dieser an der Tower Bridge sein Wendepunkt hat und man dadurch einen schönen Blick auf eine weitere Sehenswürdigkeit aus dem Englischlehrbuch der 6. Klasse bekommt. Vielleicht trifft man ja auch Mr. Hill, Dave King und Sandra Bell aus Hatfield.


Gibt es weltweit eine bekanntere Brücke? Vielleicht in San Francisco.

Nahe der Tower Bridge liegt auch der Tower of London, sprich wir befanden uns in einem Touri-Hotspot. Aber der Platz am Anleger war gar nicht so sehr begangen und auch die Fish&Chips Buden wiesen keine Schlangen auf, sodass wir uns dort erstmal mit einem kleinen Snack versorgten. Ebenfalls in Sichtweite befand sich die All Hallows-by-the-tower, die älteste noch erhaltene Kirche Londons. Die schauten wir uns natürlich gleich mal an. Und man merkte mal wieder, dass sich die Touri-Masse nur auf das stürzt, was sie aus Fernsehen, Netz, Instagram und wie sich das alles schimpft, kennt. Die Kirche war quasi leer.


Während Sky Garden, eine Dachterrasse auf dem im Hintergrund sichtbaren Wolkenkratzer 20 Fenchurch Street zu den nachgefragtesten Sehenswürdigkeiten in London zählt, besuchen nur wenige Touristen All Hallows-by-the-tower, die älteste noch erhaltene Kirche Londons.

DLR Tower Gateway – Limehouse --> DLR Limehouse – Cutty Sark

Um nach Greenwich zu gelangen, nutzten wir nun die Docklands Light Railway (DLR), deren Haltestelle Tower Gateway nur einen größeren Steinwurf entfernt lag und selbstverständlich ebenfalls mit der OysterCard nutzbar ist. Die DLR erschließt seit 1987 den Bereich der ehemaligen Hafenanlagen (Docklands), der sich bereits seit vielen Jahrzehnten im Umbruch befindet und in dem viele Wolkenkratzer errichtet wurden, darunter einige der höchsten des vereinigten Königreiches. Insbesondere am Knoten Canary Wharf gestaltete sich das schon recht spektakulär. Die Themse hingegen wurde unspektakulär unterirdisch passiert. Wir stiegen nicht in Greenwich, sondern bereits in Cutty Sark aus. Die Station ist benannt nach dem gleich um die Ecke im Trockendock liegenden Museumssegler, um den wir später auch noch herumliefen. Hauptziel war aber der Greenwich Park und natürlich musste man da auch mal zum Nullmeridian. Das königliche Observatorium liegt mitten im Park auf einem Berg, der nicht nur Rennradfahrern eine gute Gelegenheit zum Intervalltraining bietet, sondern auch einen schönen Blick auf London insbesondere auf das Hochhausensemble Canary Wharf. Am Weg unterhalb des Observatoriums befindet ist die Trennlinie zwischen östlicher und westlicher Welt durch zwei getrennte Platten auf dem Weg selbst und der dahinter liegenden Mauer, wo sich eine Traube Touristen bildete, die sich dort fotografisch verewigten. Das mussten wir dann natürlich auch noch erledigen


Ein Stück Bautzen in London – die B07 der DLR. Bei Limehouse begegnen sich Einheiten 130 und 120.


Blick vom Royal Observatory auf das Queen’s House, dahinter das National Maritime Museum und die Canary Wharf Wolkenkratzer

Der Nachmittag war inzwischen weit fortgeschritten und so planten wir langsam wieder den Weg zurück zum Hotel. Da wir auf dem Hinweg ausschließlich die Schiene nutzten, bestiegen wir am Fuß des Greenwich Hügels nun einen der roten Doppeldecker.

Bus 177 Greenwich Nelson Road – Deptford Bridge --> Bus 453 Deptford Bridge – Picadilly Circus

Der erste Bus war ziemlich voll, aber die 453 begann ihre Fahrt erst in Deptford Bridge und so nahmen wir auf den Premiumplätzen in der ersten Reihe im Oberdeck Platz. Und die Fahrt war herausragend schön. Und das nicht nur, weil die 453 an vielen Sehenswürdigkeiten wie dem heute Mittag bereits gesehenen LondonEye und House of Parliaments vorbeifährt. Man fühlt sich richtig im Geschehen, sieht auch mal etwas abseits der bekannten Plätze und Straßen und sitzt im New Routemaster auch noch bequem. In Picadilly Circus stiegen wir aus. Aber nicht etwa, weil das eine herausragende Sehenswürdigkeit ist, und die scheint es angesichts der Menschenmenge dort zu sein, sondern weil die Kinder unbedingt zum LegoStore wollten. Dieser scheint ebenfalls eine Sehenswürdigkeit zu sein, denn es gab dort tatsächlich extra Angestellte die den Einlass organisierten, damit im Geschäft selbst kein großes Gedränge entsteht. Ich persönlich habe mein letztes Lego irgendwann Mitte der Neunziger zusammengebaut, LEGO scheint inzwischen ziemlich tief in die (Konsum-)Gesellschaft eingedrungen zu sein. Ausgewählte Figuren, Sets, etc. werden nur wenige Jahre nach ihrem Erscheinen für das zig-fache gehandelt. Kleiner Exkurs, während meiner Kindheit fuhr ich mit meinen Eltern per Fähre nach Skandinavien und in den Dutyfree-Shops an Bord gab es ein LEGO-Modell des Schiffes, das ich von meinen Eltern gekauft bekam. Als ich Jahrzehnte später mit meinen eigenen Kindern an Bord einer Skandinavienfähre war, erzählte ich Ihnen dies und da es an Bord kein LEGO-Modell zum Erwerb gab, wollte ich meinen Kindern per Netzrecherche ein Bild eines solchen „historischen“ LEGO-Modells zeigen. Die Suchmaschinentreffer zeigten vorrangig Ebay-Auktionen, wo diese für mitunter sogar Tausende Euro gehandelt wurden. Wohlbemerkt nur originalverpackt. Ein Anruf bei meinen Eltern brachte nur das zutage, was ich ohnehin schon wusste. Das alte Gerümpel ist weg.
Wollte ich nicht weniger schreiben? In jedem Fall war ziemlich viel los hier, aber irgendwie auch entspannt. Nicht gedrängt. Man blieb an roten Ampeln stehen und nahm Rücksicht aufeinander. Und eine Straßenband spielte den Pixies-Klassiker Where is my mind. Toll.


Anstatt der zahlreichen Sightseeing-Busse kann man auch einfach mit der 453 fahren, die hier gerade auf Trafalgar Square zusteuert.

Bus 453 Picadilly Circus – Baker Street Station --> Bus 13 Baker Street Station – London Central Mosque

Nach der Runde durch den Bausteinladen atmeten wir noch ein wenig Großstadtatmosphäre auf und saßen dann schon wieder in der 453, die uns bis zur schon fast heimischen Baker Street brachte. Dort gönnten wir uns eine Pizza und fuhren dann mit der 13 bis zur Haltestelle Central Mosque, die dem Hotel nächstgelegene Haltestelle. Und im Hotel wartete dann noch ein entspannter Abend mit Fußball-EM im Fernsehen.


Dienstag, 02.07.24

Ich erwachte deutlich vor dem Rest der Familie und noch bevor sich der Rest aus den Gemächern erhob, stand ich vor der Hoteleinfahrt und schaute auf das Gleisvorfeld vom bereits erwähnten Bahnhof Marylebone. Bzw. schaute ich nicht selbst darauf, sondern lediglich meine Kamera, die ich mit beiden Händen über die etwa zwei Meter hohe Brüstung hielt und über das Display verfolgte, ob sich ein Zug näherte. Die Ohren halfen auch nicht, das Grundrauschen der Großstadt war einfach zu laut. Glücklicherweise war auch gegen 08:15 noch Berufsverkehr und die Züge erschienen im dichten Takt.


Hinter der Brücke im Hintergrund befindet sich der Kopfbahnhof Marylebone, den ausschließlich Chiltern Railways in Richtung Nordwesten verlässt und dabei mehrheitlich auf die Reihe 165 zurückgreift. Nummer 35 und ein weiterer machen sich gerade auf den Weg nach Oxford.

Ein Stück neben den Chiltern-Gleisen verläuft die Metropolitan-Line der Underground. Auch dies ließ sich noch vor dem Hotel ablichten. Und nach dem Frühstück gab es nochmal den Blick vom Hotelzimmer auf die Dieselstrecke.


Da schaut sie aus der Röhre, die Metropolitan Line, auf der die S-Stock Triebzüge eingesetzt werden, welche zu den neuesten Fahrzeugen des Untergrundnetzes gehören und ein größeres Lichtraumprofil aufweisen.


Das Beeindruckende an London ist ja auch, dass Arm und Reich, prunkvoll und schäbig, Schönheit und Schmutz oft sehr nah beieinander liegen. So blicken wir aus dem Zimmer auf den etwas schmuddeligen Hinterhof der gegenüberliegenden Mietskaserne und hinter den Häusern links der Gleise befindet sich der Regent’s Park, eine der vielen grünen Oasen der britischen Hauptstadt. Auf den Gleisen sehen wir einen 168er, der sich gerade auf den Weg nach Birmingham Moor Street gemacht hat.

Das touristische Programm des heutigen Tages stand bereits mit der Grobplanung der Reise fest, denn in unserer Familie befindet sich eine kleine große Anhängerin des Harry Potter Universums und daher hatte ich schon weit im Voraus Tickets für die Warner Bros Studio Tour gebucht. Die Filmstudios befinden sich in Watford, eine Satellitenstadt nördlich Londons, nicht mehr im Einzugsgebiet der Underground, dafür der hier als Overground bezeichneten S-Bahn.

Bus 113 London Central Mosque – Baker Street Station --> Hammersmith & City Line Baker Street Station – Euston Square

Dank unserer OysterCards konnten wir heute mit dem Bus zur Baker Street fahren und stiegen dort in den Untergrund hinab und fuhren bis zur Euston Square Station. Auf der Tube Map machte es den Anschein, als könne man direkt von dort zum Bahnhof Euston gelangen, standen wir plötzlich an der Straße. Da hatten wir wahrscheinlich irgendeinen Weg verpasst. Aber egal, das waren ja auch nur paar Meter bis zum Bahnhof. Im Bahnhof Euston wurden gleich mal gecheckt, wo und zu welchem Preis man denn hier sein Gepäck abstellen könnte, schließlich wollten wir morgen Abend von hier in Richtung Schottland aufbrechen. Aber die Variante wurde gleich verworfen und das lag weniger an der Lage der Gepäckaufbewahrung in einer der hintersten Ecken, sondern vielmehr an den horrenden Preisen, insbesondere im Vergleich zur zwar etwas umständlicheren, aber kostenfreien Verwahrung im Hotel.


Auch auf der Hammersmith & City Line wird das größere S-Stock Material verwendet, ein Vertreter stoppt gerade in der Euston Square Station.

Overground 2D76 1215 London Euston - Watford Junction

Ich hatte mir zwar eine andere, schnellere Verbindung ausgeguckt, denn zwischen London Euston und Watford Junction (quasi der Hauptbahnhof Watfords) gibt es auch direkte Züge, die z.B. weiter nach Birmingham fahren, aber als meine bessere Hälfte Watford auf der Abfahrtstafel erblickte, überzeugte sofort den Rest der Familie diesen Zug zu nehmen. Mir sollte es recht sein, hatte man mehr von der Fahrt, denn die Overground hält an jeder Station. Und Zeit hatten wir noch genug, denn unser gebuchter Slot war erst nach 14 Uhr. In Watford standen schon einige spezielle Doppelstockbusse im Harry Potter Design, aber bis zu deren Abfahrt war noch etwas Zeit, sodass ich noch kurz am Bahnsteig auf einen Zug spekulieren konnte. Bereits auf der Hinfahrt hatte ich bemerkt, dass hier ein dichter Takt an Personenzügen herrscht und kurz nach unserem Ausstieg rauschte auch ein Güterzug durch den Bahnsteig. Aber selbstverfreilich musste ich etwas länger warten, bis etwas auf dem in den Sucher gerückten Gleis erschien.


Beinahe im Minutentakt rauscht es im Bahnhof Watford Junction, meist ist es ein Zug von West Midlands, die u.a. Class 350 einsetzen. 350 254 könnte als 1U28 1113 Crewe to London Euston mit hoher Geschwindigkeit vorbeifahren. Ebenso hoch ragen die Kräne im Hintergrund in den Himmel, zu hoch für mein Objektiv.

Danach platzierten wir uns in einem der Shuttlebusse und fuhren zu den Studios. Dort erwartete einen die volle Dröhnung Harry Potter. Ich persönlich bin dem ganzen nicht so zugeneigt, aber als neutraler Zaungast muss ich gestehen, dass doch einiges für die ziemlich happigen Eintrittspreise geboten wurde, insbesondere zeitlich, denn die Tour dauerte um die vier Stunden, wenn man nicht einfach blind hindurch rennt. Das Einzige, das ich persönlich ankreiden könnte, ist die Tatsache, dass es sich bei Butterbeer um ein ziemlich süßes Gesöff handelt und nicht um Bier, wie von mir angenommen.


Man kann ja von Harry Potter denken, was man möchte, aber dass die Protagonisten stets mit der Eisenbahn anreisen und sich nicht auf den Nimbus 2000 setzen, kann man schon als verkehrspolitisches Statement sehen. Die Filmkulisse des Hogwarts-Express‘ kann man nicht ohne Muggels umsetzen.


Bietet hier das Ministry of Magic etwa einen Lösungsvorschlag für überfüllte urbane Transportmittel? Die Vorhänge an den Fenstern lassen erahnen, dass der purple routemaster auch für den Nachtsprung geeignet ist.

Nachdem wir die Studios wieder verlassen hatten, brachte uns einer der zahlreichen Shuttlebusse wieder zurück zum Bahnhof Watford Junction. Es fuhr zwar gerade eine S-Bahn ab, diesmal bestand ich aber auf einen schnellen Zug zurück nach Euston.

1Y56 1636 Birmingham New Street to London Euston, Watford Junction – London Euston --> Circle Line Euston Square – Baker Street --> Bus 13 Baker Street – Central Mosque

Wir hatten uns wieder an der belebten Kreuzung nahe der Baker Street Station etwas zu Essen geholt und den Abend mit dem EM-Achtelfinale Österreich-Türkei ausklingen lassen.


Mittwoch, 03.07.24

Wie bereits am Vortag erwachte ich deutlich vor dem Rest der Familie. Der Blick aus dem Fenster offerierte grauen Himmel, also warum noch einmal die gleichen Bilder wie gestern anfertigen. So widmete ich mich einem meiner weiteren Hobbies, denn ebenso gerne, wie ich die Fototasche umhänge, schnüre ich die Laufschuhe. Und der nahgelegene Regent’s Park bot sich für eine morgendliche Runde geradezu an. Entgegen meinen sonstigen Gewohnheiten nahm ich das Mobiltelefon mit und das sollte sich bereits nach wenigen Metern auszahlen, denn ich rannte erstmal total in die falsche Richtung, weg vom Park. Im Park angekommen erstaunten mich weniger die paar Läufer die unterwegs waren, als vielmehr die Massen an (Renn-)Radlern, die die asphaltierte Ringstraße befuhren und ein fixes Überqueren erschwerten. Dafür war auf der Laufbahn, die mit langen Geraden und engen Kurven an die antiken Spiele angelehnt ist, umso weniger los.


Olympia rückt näher, Gelegenheit die Form zu testen. 1‘15“ für die 423 Yards sollten doch reichen, oder? Nein? Schade.

Im Hotel hüpfte ich erstmal unter die Dusche und dann zum Frühstück. Danach war Check-Out angesagt, denn heute Abend würden wir nach Schottland starten. Unser Gepäck konnten wir wie bereits erwähnt an der Rezeption lassen und stürzten uns dann noch einmal in einen Tag London, der heute professionell unterstützt wurde, denn wir trafen uns mit einer Schulfreundin meiner besseren Hälfte, die bereit seit fast zwanzig Jahren in London wohnt und arbeitet.

Bus 13 Central Mosque – Baker Street --> Bakerloo Line Baker Street – Embankment


Die auf der Bakerloo Line zum Einsatz kommenden, 1972 beschafften Einheiten stellen derzeit das älteste Material des Undegrounds dar. Nach unserem Zug begegnet uns leider ein ziemlich heruntergekommenes Exemplar in der Station Ebankment.

Da sie nur bis ca. 14 Uhr Zeit hatte und es in diesem Zeitraum unentwegt schüttete, hielt sich der Ausflug in Grenzen, vielmehr verbrachten wir viel Zeit in der Tate Gallery am Themseufer. Diese kann man ohne Eintrittsgeld betreten und muss lediglich für bestimmte Galerien, Ausstellungsräume Eintritt bezahlen. Das Konzept, das man häufig in GB antrifft, fände ich persönlich auch überlegenswert für hierzulande, denn es wäre für ein Großteil viel einfacher Kultur zu erleben und niedrigschwellige Angebote werden immer angenommen, siehe 9-Euro-Ticket. Ein weiterer Grund für unser Verweilen war auch das Café in einem der höheren Stockwerke, welches eine schöne Aussicht bietet, zumindest bei gutem Wetter. Zwischenzeitlich sah man nur noch die Silhouetten der Gebäude am gegenüberliegenden Flussufer. Der gemeinsame Stadtausflug endete nahe der Station Bank. Da zunächst kein weiterer Bedarf an Sightseeing bestand, entführte ich die Familie zur Station Wandsworth Road, kann man dort doch eines der ikonischsten Bauwerke der Hauptstadt mit der Bahn gemeinsam ins Bild setzen, die Battersea Power Station, welche insbesondere durch das Pink Floyd Album „Animals“ Bekanntheit erlangte.

Northern Line Bank – Clapham North --> Overground Clapham North --> Clapham High Street – Wandsworth Road

Vor Ort angekommen, ernüchterte jedoch die Erkenntnis, dass die städtebauliche Entwicklung dem Motiv den Garaus gemacht hat. Bis auf die 4 charakteristischen Essen kann man nichts mehr vom ehemaligen Kohlekraftwerk erkennen, es dominieren moderne Büro- und Appartmentgebäude, wie in so vielen Ecken Londons. Der Verlust des Motivs scheint die Fotografen nicht fernzuhalten, denn die Station gehört zu einer der stärkst frequentierten des Landes, wovon auch zwei Fotografen am Bahnsteigende Zeugnis gaben. Dabei sieht man hier doch immer wieder das gleiche. Nun denn, ich war ja auch vor Ort. Und dass sich ein paar Sonnenstrahlen ins Grau mischten, entschädigte für den verstellten Blick.


Shine on your crazy…., nein, das war auf einem anderen Album. Die hohe Frequenz an Zügen lockt nach wie vor Fotografen zur Wandsworth Road. Die Reihe 378, die inzwischen das Rückgrat des Overground bildet und hier gerade von Clapham Junction kommend zum Halt verzögert.


Auf den überregionalen Gleisen dominieren die Stromschienen-466 von Southeastern. 466 038 könnte als 2D80 1420 Orpington to London Victoria die Wandsworth Station tangieren.

Nach dem mehr oder weniger erfolgreichen Exkurs zur Eisenbahnfotografie, ging es noch zu zwei Sightseeingpunkten, die auf dem Weg zurück ins Hotel zur Aufnahme des Gepäcks gut ins Konzept passten. Hyde Park und Paddington Station. Letzteres vor allem, da die wir mit den Kindern die Filme geschaut hatten.

Overground Wandsworth Road – Clapham High Street --> Northern Line Clapham North - Leicester Square --> Piccadilly Line Leicester Square – Hyde Park Corner

So spazierten wir einmal durch den Hyde Park, genossen ein Eis und dann von dort zur Paddington Station, wobei mir im Vorfeld dessen insbesondere die erhöhte Dichte an Elektrofahrzeugen auffiel. In Paddington Station gab es weniger für Freunde des Bärens aus dem dunkelsten Peru, dafür ziemlich viel Reisendenverkehr.


Great Western Railway setzt von Paddington aus die neuen Hitachi Azumas ein. Dieser hier erreicht als 1A26 1530 Bristol Temple Meads to London Paddington gerade den imposanten Kopfbahnhof.

Das Positive der hohen Frequentation des Bahnhofs war bzw. ist, dass es eine große Auswahl an Restaurants im Umkreis gibt. Und da es so langsam gen Abend ging, entschieden wir uns hier unser Abendessen einzunehmen. Danach holten wir am Hotel unser Gepäck und nutzten ein letztes Mal den Bus zur Baker Street und von dort ebenfalls den Bus zur Euston Station. Okay, versuchen wir das nochmal zusammenzufassen.

Hammersmith & City Line Paddington – Baker Street --> Jubilee Line Baker Street – St. Jonhn’s Wood

Bus 13 Central Mosque – Baker Street --> Bus 18 Baker Street Station- London Euston Station

In Euston spazierten wir direkt zum Abfahrtsgleis des Caledonian Sleeper, welches durch Einlasskontrolle vom restlichen Bahnhof separiert ist. Dahinter wartete ein kleiner aber feiner Boardingbereich, in welchem alkoholfreie Getränke kostenfrei zur Verfügung gestellt wurden. Etwa 45 Minuten vor der Abfahrt des Zuges erfolgte der Aufruf für den Zug und wir betraten unsere gebuchten Kabinen. Ich hatte zwei 2er-Kabinen gebucht und war vor Ort etwas überrascht, dass diese sogar jeweils eine eigene Dusche besaßen und recht geräumig waren. Das kleinere englische Lichtraumprofil merkte man dann am Gang, wo zwei normalgewichtige Erwachsene sich gerade so aneinander vorbeiquetschen konnten. Der Zug bestand aus drei Zugteilen, nach Inverness, das dürfte der größte Teil gewesen sein, Aberdeen und Fort William. Unser Wagen befand sich fast am Ende des Zuges, so musste ich doch ganz schön weit laufen, um ein Bild von der Lokomotive zu machen. Von der anderen Seite wäre es bestimmt fotogener gewesen, aber dazu hätte ich den Bereich des Caledonian Sleepers erst wieder verlassen müssen und dann den anderen Bahnsteig bis zum Ende laufen müssen. Das wäre jetzt kurz vor der Abfahrt in Stress ausgeartet.


Der Bahnhof London Euston kommt weniger prunkvoll denn zweckmäßig daher, jetzt am Abend starren auch nicht mehr so viele Leute auf die Abfahrtstafeln und die durch die Halle fliegenden Formel 1-Autos.


Beinahe bis zum Ende des Bahnsteigs reicht der Caledonian Sleeper, für dessen Traktion eine Class 92 zuständig ist. Diese Lokomotiven können ihren Strom sowohl aus der Oberleitung als auch aus in Südengland verbreiteten Stromschienen beziehen und wurden in den Neunzigern sowohl von BritishRail als auch SNCF für Güterzüge durch den Eurotunnel beschafft. Von letzterer Gesellschaft übernahm Caledonian Sleeper auch ihrer 92er.


In Euston starten und enden auch Züge der West Coast Main Line, die von Avanti West Coast betrieben werden. Als 1A74 1835 Manchester Piccadilly to London Euston erreicht einer der inzwischen auch schon 20 Jahre alten Pendolinos der Class 390 den Kopfbahnhof.

1S25 2115 London Euston - Inverness

Pünktlich setzten wir uns in Bewegung, die Kabinen waren eingerichtet und nachdem wir unsere Frühstückswünsche auf einer ausgehändigten Karte markierten und ein wenig die vorbeiziehende Landschaft beobachteten, reifte die Erkenntnis, dass dieses Erlebnis mit einem Getränk im Club Car doch deutlich gesteigert werden kann. Die Vis-à-Vis-Sitzgruppen waren bereits belegt, aber an den Ecktischen mit Hockern saß man auch nicht schlecht. In Hinblick auf unser Reiseziel genehmigte ich mir einen Tomatin Whiskey, denn nahe des gleichnamigen Ortes befindet sich auch ein sehenswertes Viadukt.


Blick in den Club Car bezeichneten Speisewagen bestehend aus gemütlichen Sitzgruppen und Bartischen, an denen ein Mittelsachse und zwei Mittelsächsinnen Ihre Getränke erwarten.

Nach dem alle Gläser geleert waren, zogen wir uns in unsere Schlafkabinen zurück und ließen uns in den Schlaf schaukeln. Kurz vor dem Hinübersetzen ins Reich der Träume registrierte ich noch einen Stopp in einem Bahnhof, durch kurzes Heraufziehen des Rollladens konnte dieser als Stafford identifiziert werden. Da waren wir schon ein gutes Stück vorangekommen.

Am nächsten Morgen sollten wir in Schottland erwachen und dort geht es dann im nächsten Teil weiter.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Björn