Zitat: Als Güterzüge Kohle und Obst brachten Vor genau 20 Jahren wurde die Strecke zwischen Annaberg Oberer Bahnhof und Königswalde eingestellt. Einer der damaligen Lokführer erinnert sich.
Annaberg-Buchholz/Königswalde. Es ist genau 20 Jahren her, da fuhr der letzte Güterzug vom Oberen Bahnhof der Stadt Annaberg nach Königswalde. Als Zugführer André Nestler am 30. Dezember 1994 das Abfahrtssignal am Güterbahnhof in der oberen Stadt ein letztes Mal pfiff, endete die fast 90-jährige Geschichte einer zeitweise stark befahrenen Nebenstrecke der Deutschen Reichsbahn (DR).
Die sechs Kilometer lange Güterbahnstrecke zwischen Annaberg und Königswalde, auf der zeitweise auch Personen befördert wurden, übernahm 1994 die Deutsche Bahn AG. Sie verfügte nach einem Jahr die Schließung der Strecke wegen Unwirtschaftlichkeit.
Einer, der die Strecke in- und auswendig kannte, ist Uwe Schulze. Er fuhr die Güterzüge als Lokführer von 1987 bis 1994 und kann sich noch gut an den letzten Tag erinnern. "Viele Fotografen und Eisenbahnfans begleiteten den Zug, gezogen von einer Dampflok 861001-6", sagt der Eisenbahner. Er selbst lernte am Bahnbetriebswerk Buchholz bis 1987 Lokführer und wurde auf der Güterbahnstrecke zwischen Oberer Bahnhof und Buchholz Süd als Junglokführer eingesetzt. "Ich weiß noch, dass wir im Winter oft mit enormen Schneeverwehungen zu kämpfen hatten", sagt Uwe Schulze. Besonders im Kreuzungsbereich "Morgensonne" Cunersdorf hätten die Schneeverwehungen manchmal bis zum Lokfenster gereicht. Sonst jedoch habe man auf den Höhenzug nach Königswalde ganzjährig einen landschaftlich reizvollen Blick auf den Pöhlberg und das Pöhlbachtal gehabt.
Dreimal pro Tag fuhren Züge die insgesamt 16 Kilometer zwischen Buchholz Süd über Königswalde und Oberer Bahnhof Annaberg. "Wegen der vielen Straßenquerungen und auch wegen der Zuglast auf oft 40 Wagen sind wir streckenweise höchstens 20 Stundenkilometer gefahren", erinnert sich der Lokführer, der seinen Beruf immer noch bei der Fichtelbergbahn ausübt. Transportiert wurde vorwiegend Kohle, im Herbst aber auch Kartoffeln, Stückgut einiger Annaberger Firmen, Obst, Gemüse, Getreide, Schrott und zu Wismutzeiten Erz. Wenn die Züge frühmorgens im Oberen Bahnhof einfuhren, standen die Lkw der Kohlehandlungen und Zulieferer schon bereit. Das Geschäft mit der Kohle boomte, vor allem nach der Ölkrise in den 1980-er Jahren. "Kaum auszudenken, wenn da an einem Tag die Anlieferung aus den Kohlepresswerken in Lauchhammer nicht funktioniert hätte", sagt Schulze.
Etwa eine Stunde brauchten die 750 Tonnen schweren Züge von Buchholz Süd bis zur oberen Stadt. Zwei Loks bugsierten in der Regel die Wagen über die 16 Kilometer Distanz und auch auf 700 Meter Höhe an der Bundesstraße 95.
Schon kurze Zeit nach der Schließung 1994 wurden die ersten Gleise im Kreuzungsbereich an der Parkstraße in Annaberg-Buchholz wegen Straßenverbreiterung zurückgebaut. Jetzt befindet sich auf der Strecke zwischen Oberer Bahnhof Annaberg und dem Oberen Bahnhof Königswalde ein landschaftlich reizvoller und gern genutzter Radweg. Und wer heute an der Parkstraße in Annaberg bei Kaffee und Kuchen sitzt, kann sich kaum noch vorstellen, dass an gleicher Stelle vor 20Jahren noch Güterzüge rollten und Kohlefeinstaub damals zum Alltag gehörte.
erschienen am 30.12.2014 ( Von Christine Bergmann )
Allen einen guten Rutsch und alles Gute 2015 VG Danny