Ich schlief etwas unruhig, wahrscheinlich fehlte das Rollgeräusch. Die Temperatur im Abteil war in Ordnung, wir konnten ja bei geöffnetem Fenster schlafen. Leider wurden wir regelmäßig wach, da sich direkt vor unseren Fenstern zwei ausgeprägte Schienenstöße in den Durchfahrtsgleisen befanden und der Verkehr nicht ruhte. Um 4 Uhr wurden wir dann durch ein heftiges Gewitter geweckt. Ich schaute kurz aufs Handy und stellte fest, dass der EN 445 “Slovakia“ aus Praha, welcher uns ab Žilina mit nach Košice nehmen sollte, mit 74 Minuten Verspätung angezeigt wurde. “Na toll“ dachte ich und schlief wieder ein. Als ich um 6 Uhr wach wurde standen wir immer noch in Žilina und es regnete. Der EN 445 hatte mittlerweile 130 Minuten Verspätung und gerade die Grenze bei Čadca passiert.
Guten Morgen verregnetes Žilina.
Der Regen sorgte nach den letzten beiden warmen Tagen für etwas Abkühlung. Um 06:25 Uhr holte die Rangierlok unseren Wagen ab. Ich schaute aus dem Fenster und sah, dass ČD 150 221 mit dem EN 445 “Slovakia“ in Žilina angekommen war. So gleich rangierte sie den Kurswagen nach Zvolen an den R 945 “Strečno“. Gleichzeitig wurden wir an den EN 445 gesetzt. Wir konnten so schon einmal einen Blick auf unsere Unterkunft für die nächste Nacht werfen. Wie geplant war es ein WLAB822 der ČD. Im Wagen waren alle Abteile belegt.
Während ČD 150 221 den Kurswagen nach Zvolen (der 2. Wagen) an R 945 rangierte wurden wir an den EN 445 gesetzt.
Um 06:42 Uhr, mit 127 Minuten Verspätung, setzten wir unsere Reise fort und starteten in den dritten Tag. Das Gewitter, welches am Morgen über Žilina gezogen war, hatte in der Nacht für erhebliche Beeinträchtigungen im Bahnverkehr in Tschechien gesorgt. Es soll wohl ein Blitz in ein Bahnstromwerk eingeschlagen sein und dadurch sei der Bahnverkehr zum Erliegen gekommen meinte unser Schlafwagenbetreuer.
Wir schauten uns erstmal bei Tageslicht in unserem Görlitzer Schlafwagen (SK-ZSSK 51 56 70-40 020-6) um stellten fest, dass es sich um einen aus der Lieferserie von 1978 handelte. Man sah dem Wagen sein hohes Alter an und vor allem der Zustand der Toiletten war schon grenzwertig. Aber, die Steckdose im Spiegelschrank funktionierte und wir konnten die Batterien von Handy und Foto laden! Neben uns waren noch 3 Abteile belegt. Ein Vater mit zwei Kindern, sowie eine junge Frau und ein Mitarbeiter der Bahn, der zwischendurch auch ein Stück auf der Lok mitgefahren war. Der Eisenbahner fuhr wie wir bis Košice, die Anderen stiegen in Poprad-Tatry aus.
Frühstücksbox: Süßer Blätterteig, salzige Reisewaffeln und Kekse mit Nußgeschmack sind eine interessante Zusammenstellung.
Mein Abteil Nr. 7 mit Vorhängen aus einer vergangenen Zeit.
Durch die abziehende Gewitterfront waren die Berge leider wolkenverhangen. Am Abend vorher hatte ich mich gefreut, die Hohe Tatra am offenen Fenster im Morgenlicht vorbeiziehen zu sehen. Der Wetterbericht hatte ja Sonne satt für die Tage unserer Rundfahrt gemeldet. Am Anfang war nichts vom “kleinsten Hochgebirge der Welt“ zu sehen. Die Wolkenlücken wurden aber größer, je weiter östlich wir fuhren. Langsam schauten auch die Gipfel heraus und hinter Svit war der Blick auf die Berge dann mehr oder weniger frei.
Blick über einen Teil des Liptovská Stausee auf die Niedere Tatra.
Langsam kamen die Gipfel der Hohen Tatra aus den Wolken.
Zwischen Svit und Poprad war der Blick auf die Hohe Tatra bis auf das vorgehangene Wolkenband dann frei.
Hinter der Lok lief der Kurswagen Wien – Košice.
Je mehr wir uns Košice näherten, desto größer wurden die Wolkenlücken im Himmel und die Sonne kam wieder hervor.
Durchfahrt durch Margecany.
Wochenendhaus am Wasser mit Bahnblick. Das könnte mir gefallen.
Kysak, wo es für jedes Gleis auch einen Bahnsteig gibt.
Um 09:45 Uhr erreichten wir mit 124 Minuten Verspätung Košice. Für die 364 km von Piešťany bis hier her hatten wir 12:51 h benötigt. Durch die Verspätung war unser Tagesplan ein wenig durcheinander geraten. Ursprünglich hatten wir vor, um 09:23 Uhr mit dem R 812 “Gemeran“ weiter nach Zvolen zu fahren, um den Tag dann um Zvolen und Banská Bystrica zu verbringen. Der nächste Zug nach Zvolen über die Südstrecke fuhr erst um 13:23 Uhr. So blieb uns etwas mehr Zeit, die zweitgrößte Stadt der Slowakei zu besichtigen. Košice hat mit 240.000 Einwohnern in etwas so viel wie unsere Heimatstadt Chemnitz (248.000). Im Gegensatz zu Chemnitz ist Košice aber ein bedeutender Eisenbahnkonten und nicht nur noch ein Nahverkehrshaltepunkt.
Košice war erreicht.
Unser Langschläfer-Kurswagen der letzten Nacht: WLAB SK-ZSSK 51 56 70-40 020-6.
Os 8807 mit dem Kurswagen Bratislava – Lviv.
Wir gaben unsere Rucksäcke in der Gepäckaufbewahrung ab (1,50 Euro pro Rucksack), kauften uns noch etwas zum Frühstück, da der Inhalt aus der Plastebox schwer als Solches zu bezeichnen ist und liefen in die Altstadt. Von der Aussichtsplattform im Nordturm des St.-Elisabeth Dom, welcher die größte Kirche der Slowakei ist, bot sich ein schöner Ausblick über die Stadt.
Rodošto: Das Gedenkhaus mit der Statue für II. Rákóczi Ferenc.
Handwerkergäßchen Hrnšiarska.
Das historische Rathaus von Košice.
Blick von oben auf Košice mit dem Staatstheater.
Wir kehrten langsam in Richtung Bahnhof zurück. Hier war zum Freitagmittag inzwischen ordentlich Betrieb. An den Fahrkartenschaltern bildeten sich lange Schlangen. Wir stellten uns mit an und überlegten kurz, ob wir evtl. für die 254 km lange Fahrt nach Banská Bystrica Fahrkarten 1. Klasse kaufen sollten, da der Zug wohl zum Wochenendbeginn sehr voll werden würden. Wir entschlossen uns dann aber doch für Fahrkarten 2. Klasse via Zvolen (11,42 Euro Normal, 5,71 Euro FIP). Diese Entscheidung sollte sich kurz danach als richtig herausstellen.
Als wir die Treppe aus der Unterführung zum Bahnsteig 3 hinauf kamen, fiel unser erster Blick auf den EN 443 „Bohemia“, welcher Košice mit über 180 Minuten Verspätung erreicht hatte. Der Zug fuhr nicht sofort weiter nach Hummené sondern stand noch eine Stunde, bevor er, verstärkt durch zwei als Sitzwagen genutzte Liegewagen, als Rex 1903 “Kremenec“ um 13:01 Uhr die letzte Etappe seiner Reise antrat.
Auf der anderen Seite stand der R 814 “Slatina“ nach Bratislava hl.st., welchen wir bis Zvolen nutzen wollten. Er bestand aus 4 klassischen Abteilwagen und einem Halbgepäckwagen aus Bautzen. Statt des 1. Klasse Wagen hing ein modernisierter 2. Klasse Wagen der Gattung Beer. Wir waren froh, keine Fahrkarten 1. Klasse gekauft zu haben. Da die Temperatur schon wieder auf die 30 °C zu ging und es zudem sehr schwül war, entschlossen wir uns für die mehrstündige Fahrt im klimatisierten Beer (SK-ZSSK 61 56 20-70 054-7) Platz zu nehmen.
Links ZSSK 757 024 mit den EN 443/Rex 1903 nach Hummené und rechts ZSSK 757 018 mit dem R 814 “Slatina“.
Den allgemeinen Pflegezustand der unmodernisierten Wagen empfand ich bei der ČD wesentlich besser als bei der ZSSK.
Mit 2 Minuten Verspätung setzte sich der Zug um 13:25 Uhr in Bewegung. Wir teilten uns das Abteil auf der gesamten Strecke mit 2 jungen Slowakinnen. Durch die verspiegelten Scheiben des Wagens war einen fotografieren leider fast unmöglich.
bei Plešivec
bei Jesenské
Wir waren nur wenige Minuten nach Plan unterwegs. Da der Gegenzug Verspätung hatte wurde die Zugkreuzung zwar von Lušenec nach Lovinobaša verlegt, wir mussten aber trotzdem ein paar Minuten warten. So kamen wir mit 14 Minuten Verspätung um 17:05 Uhr in Zvolen osob.st. an. Unser direkter Anschluss, der R 839 “Urpín“ von Bratislava hl.st. nach Banská Bystrica hatte auch etwas Verspätung und so konnten wir diesen noch erreichen und unsere Fahrt direkt fortsetzen. Wir entschlossen uns für die verbleibenden 2 Stunden unsere Rucksäcke nicht in der Gepäckaufbewahrung abzugeben und stiegen in Banská Bystrica mesto um 17:32 Uhr aus.
Von der Station Banská Bystrica mesto sind es nur wenige hundert Meter bis in die Altstadt. Die Stadt selbst ist mit 79.000 Einwohnern die fünftgrößte der Slowakei und gilt als heimliche Sommerhauptstadt. Die meisten historischen Sehenswürdigkeiten konzentrieren sich um den Platz des Slowakischen Nationalaufstandes (Námestie SNP), wohin unser Weg führte.
Blick vom Námestie SNP auf Os 7335 nach Zvolen und das Ehrenmal für die 1945 gefallenen sowjetischen Soldaten.
Die schiefe Turmuhr mit einer um 40 Zentimeter geneigten Spitze und die Stadtburg.
Denkmal für den slowakischen Nationalaufstand.
Banská Bystrica hat eine wirklich sehr schöne, sehenswerte Altstadt. Vorbei am Denkmal für den slowakischen Nationalaufstand liefen wir in aller Ruhe die 1,5 km zum Bahnhof. Nach einem Abstecher in den Supermarkt neben dem Bahnhof machten wir es uns auf einer Bank auf dem Bahnsteig neben James Bond gemütlich. Die Abendsonne sorgte für ein schönes Licht, die Temperatur betrug 27 °C. Die Heimreise stand an und unser Schlafwagen sollte um 19:25 mit dem R 956 “Borišov“ aus Zvolen in Banská Bystrica ankommen.