Mit der Pünktlichkeit wollte es in der Slowakei nicht so richtig klappen. Die Ankunft des R 956 “Borišov“ aus Zvolen verschob sich von 19:25 Uhr auf 19:47 Uhr. Der Kursschlafwagen nach Prag hing am Zugschluss. Da wir ihn ja bereits am Morgen in Žilina gesehen hatten wussten wir, dass es wie geplant ein WLAB822 (CZ-ČD 51 54 70-40 199-0) sein wird.
Einfahrt von ZSSK 754 033 mit dem R 956 “Borišov“ von Zvolen nach Žilina.
Am Zugschluß hing der WLAB822 CZ-ČD 51 54 70-40 199-0.
Wir stiegen ein und standen erstmal vor einer verschlossenen Gangtür. Es dauerte etwas, bis der Schlafwagenbetreuer uns die Tür öffnete. Der Zug fuhr sofort ab und machte etwas Verspätung gut, da er im Normalfall 9 Minuten Aufenthalt in Banská Bystrica hätte. Gebucht hatten wir ein Double im Abteil 8. Im Abteil herrschte ein molliges Raumklima, der Wagen stand ja den ganzen Tag in der Sonne.
Schnell stellten wir fest, dass außer uns niemand in Banská Bystrica zugestiegen war. Auch aus Zvolen brachte der Wagen keine Fahrgäste mit. Auf unsere Nachfrage bestätigte uns der Betreuer, dass wir diese Nacht die einzigen Gäste seien. Wir kamen mit ihm ins Gespräch und fanden heraus, dass wir quasi Nachbarn sind, da er aus Karlovy Vary kam. Dann fragte ich ihn kurzerhand, ob wir nicht zwei Abteile bekommen könnten, wenn der Schlafwagen eh leer ist. “No Problem“. Dann gab er uns noch ein Bier aus, zog seine Dienstkleidung aus und verschwand im Abteil 9. Er hatte scheinbar heute Morgen schon Feierabend gemacht, denn nicht einmal der Abfallbehälter im von uns gebuchten Abteil war nach der Hinfahrt geleert. Uns war es egal, wir hatten 2 Single-Abteile zum Double-Preis und einen ganzen Görlitzer für uns allein.
Durchfahrt in Ul‘anka.
Blick von der Brücke auf den Bahnhof von Ul‘anka auf der anderen Talseite.
Zugkreuzung in Harmanec jaskyňa mit ZSSK 754 014 und 754 083 mit R 347 “Detvan“ von Ostrava nach Zvolen.
Die Fahrt über die von 1936 bis 1940 erbaute Strecke hinauf zum Malý Šturec war wieder spektakulär. Die Bahn schraubt sich richtig nach oben um an Höhe bis zum Čremošné-Tunnel, dem mit 4697m längsten Eisenbahntunnel der Slowakei, zu gewinnen. Vor Horna Stubna verlässt die Strecke den Wald und biegt ins Tal der Turiec nach Norden in Richtung Vrútky ein. Wie bei unserer Rundfahrt 2 Jahre zuvor fuhren wir am offenen Fenster wieder in den Sonnenuntergang.
Fahrt in den Sonnenuntergang.
Wir erreichten Žilina mit 17 Minuten Verspätung um 21:23 Uhr. Der Schlafwagen wurde noch einmal rangiert und blieb nun bis zur Ankunft des EN 444 “Slovakia“, welcher uns kurz nach Mitternacht mit nach Praha hl.n. nehmen sollte, hier stehen. Wir beobachteten noch etwas das Geschehen auf dem Bahnhof während unser Schlafwagenbetreuer in seinem Abteil laut Heavy Metal Musik hörte.
Abendstimmung in Žilina mit dem abfahrbereiten REx 762 “Cassovia“ nach Trenčin.
Nachdem ich mich hingelegt hatte schlief ich schnell ein. Um kurz vor Mitternacht wurde ich durch das ansetzen der Rangierdiesellok, welche den ganzen Wagen zum Vibrieren brachte, geweckt. Wir wurden an den EN 444 rangiert, welcher Žilina pünktlich 23:50 Uhr erreicht hatte.
24.06.2017
Zur geplanten Abfahrtszeit um 0:12 Uhr setzte sich der Zug in Bewegung und ich schlief schnell wieder ein. Ich wurde noch zweimal beim Rangieren in Bohumín und beim Fahrtrichtungswechsel in Přerov ganz kurz wach. Mittlerweile war trotz geschlossenen Fensters auch die Wärme aus meinem Abteil entwischen und ich komplett unter die Bettdecke gekrochen. Wir schliefen richtig gut, der alte Görlitzer hat einfach die bequemsten Betten und das gemütlichste Abteil. Bei der Ankunft in Pardubice weckte ich auf und beschloss auch wach zu bleiben. Ich öffnete das Fensterrollo und die aufgehende Morgensonne lachte mir ins Gesicht. Es sollte wieder ein schöner, aber nicht mehr so heißer Tag werden.
Die Morgensonne schien direkt auf mein Bett.
Der WLAB822 machte einen sehr gepflegten Eindruck. Er hatte seine letzte Revision erst am 18.05.2017. Die ČD hat insgesamt noch 9 Wagen im aktiven Bestand. Die Wagen bekamen erst 2014 neue Teppiche, Vorhänge und die Betten wurden mit neuem Stoff im Design der ersten 1. Klasse bezogen. Die Steckdose im Spiegelschrank funktioniert aber im Gegensatz zum WLAB der ZSSK nicht. Wir bekamen unser Frühstück, aber weder Kaffee noch Tee dazu. Es gab angeblich kein heißes Wasser.
Mein Abteil Nr. 7, Platz 41.
Frühstück bei der JLV: Mehrkornbrot, Butter, Marmelade, Waffel und Orangensaft.
ČD 150 225 hatte den Zug in Bohumín übernommen und zog in bis Praha hl.n., hier kurz vor Praha-Libeň.
Blick auf den Praha Masarykovo nádraží.
Wir genossen die letzten Kilometer am offenen Fenster immer mit dem Gedanken, dass es wohl die letzte Fahrt in einem WLAB822 gewesen sein könnte. Pünktlich um 06:33 Uhr erreichten wir Praha hl.n. Da wir bis zur Abfahrt des EC in Richtung Dresden keine 2 Stunden warten wollten, sollte es auf der anderen Elbseite bis Ústí nad Labem gehen, um ab da den EC 176 “Johannes Brahms“ zu benutzen.
So fuhren wir um 07:07 Uhr mit dem R 943 bis Lysá nad Labem. Für die 32 minütige Fahrt nahmen wir ein einem ABpee347 (CZ-ČD 61 54 30-30 004-1) Platz. Dieser 1./2. Klasse Wagen entstand 2013 bei PESA aus einem Bdt279 und sorgte für etwas Diskussion, da der Sitzplatzabstand in der 1. Klasse mit 46 cm der geringste in allen Fahrzeugen der ČD ist.
ČD 163 072 hatte die Aufgabe den R 943 nach Hradec Králové zu ziehen. Wir nutzen den Zug bis Lysá nad Labem.
In Lysá nad Labem angekommen hatten wir direkt Anschluss an den R 794 nach Ústí nad Labem západ. Die letzten 96 km am offenen Fenster standen an. Mit 2 Minuten Verspätung kam der Zug um 07:53 Uhr aus Kolín. Die Rychlík der Linie R 23 (Kolín - Ústí nad Labem) bestehen in der Regel aus einem Steuerwagen Bfhpvee295, einem Großraumwagen Bdtee276 und einem 1./2. Klasse Abteilwagen AB349. Im AB349 (CZ-ČD 51 54 39-41 020-7) nahmen wir Platz und hatten das Abteil ab Mělnik für uns.
Einfahrt des R 792 in Lysá nad Labem. ČD 163 094 schob den Zug nach Ústí nad Labem západ. Links der Os 6406.
In Stará Boleslav steht dieses schöne Empfangsgebäude.
Kostel sv. Vojtěcha in Počaply. Die Elbe war ruhig wie ein See.
Wie näherten uns dem Porta Bohemica und damit dem Beginn des Elbtals.
Das Stauwerk von Ústí nad Labem.
Wir überquerten die Elbe und hatten Ústí nad Labem erreicht.
Viel zu schnell waren wir um 09:17 Uhr in Ústí nad Labem západ angekommen. Der Perspektivwechsel auf das Elbtal hat uns sehr gefallen. Mit dem Os 16507 aus Bílina um 09:20 Uhr hatten wir direkten Anschluss nach Ústí nad Labem hl.n.. Für die 693 km von Banská Bystrica bis Ústí nad Labem nutzten wir ein First-Minute-Europe der ČD für 13 Euro pro Person. Dazu kamen dann noch die Bettkarten für das gebuchte Double im Schlafwagen für 18 Euro pro Person.
ČD 163 094 mit dem R 792 nach der Ankunft in Ústí nad Labem západ.
Einfahrt des Os 16507. Bahnfahren in Tschechien hat seinen ganz eigenen Reiz.
Angekommen in Ústí nad Labem hl.n. hatten wir 20 Minuten Aufenthalt. Mit 5 Minuten Verspätung kam ČD 371 015 mit EC 176 “Johannes Brahms“ nach Hamburg-Altona eingefahren. Wir versuchten unser Glück wieder im Wagen 256, einem Bmz245 (CZ-ČD 73 54 21-91 017-6) und fanden auch ein freies Abteil zur Elbseite. Um 09:46 Uhr setzte sich der Zug in Bewegung und brachte uns zurück nach Sachsen.
Einfahrt von ČD 371 015 mit EC 176 “Johannes Brahms“ in Ústí nad Labem hl.n..
Blick auf Bad Schandau.
Mit 2 Minuten Verspätung erreichten wir Dresden Hbf um 10:45 Uhr. Die letzte Etappe unserer Rundreise war dann der RE 26974 um 10:52 Uhr nach Hof Hbf. Der Zug bestand aus zwei fünfteiligen MRB 1440.
Wir waren wieder in der deutschen Triebwagenwelt angekommen.
Nach 2419 km, 76:26 h und 22 benutzen Zügen stiegen wir um 11:42 Uhr in Flöha aus, unsere Rundfahrt endete hier. Von Ústí nad Labem hatten wir für die letzte Etappe ein Europa Spezial der DB für 14 Euro pro Person genutzt.
Es war, trotz der teils hohen Temperaturen, eine sehr schöne Rundreise durch eine abwechslungsreiche Landschaft. Es hat sehr viel Spaß gemacht. Besonders die Strecke von Veselí nad Lužnicí über Jihlava bis Náméšť nad Oslavou hat uns sehr gefallen. Auch die Fahrt in Sonnenunter- und aufgang im Görlitzer Schlafwagen werde ich so schnell nicht vergessen. Spannend bleibt, wie sich der Nachtzugverkehr in Tschechien und der Slowakei entwickelt. Nach den aktuellen Erkenntnissen wird es wohl die beiden von uns genutzten Schlafwagenverbindungen nächstes Jahr nicht mehr geben.