Schon seit Frühjahr war eine Fahrt in den Raum Turnov in Planung und scheiterte ein paar mal an den Wetteraussichten oder Feierlichkeiten. Am 13./14. Oktober war es endlich so weit. Das Böhmische Paradies kannte ich von einem Wanderurlaub mit einer BN-Gruppe vor gut 10 Jahren, aber heuer waren mein Objekt nicht Züge mit Felszinnen oder Burgen, sondern die bevorstehende Umstellung von R- uns Os-Linien auf private Betreiber und ein paar der Sonntags-Ausflugszüge in Nordböhmen.

Als erster Zug auf dem Weg war der Sp 1799 Decin – Mikulasovice geplant, für den ich bei zweieinhalb Stunden Anfahrt eigentlich einen kleinen Zeitpuffer hatte. Daheim im Fichtelgebirge hingen noch die nachts aus Westen aufgezogenen Wolken, aber die Landesgrenze war Wettergrenze :-)
Allerdings war das Tal oberhalb Decin aus dem Blickwinkel des Autofahrers ohne Streckenkenntnis schwer zugänglich bzw. in den Orten durch die noch tiefe Sonne im Schatten. Daher gings weiter an den lichttechnisch nicht optimalen Verlauf in Nordrichtung oberhalb Benesov, wo ich in Dolni Habartice gerade mal eine Minute vor dem Zug ankam. Weiter vor kurz Ceska Kamenice habe ich dann zwar ein noch besseres Motiv entdeckt, aber der Zug war 10 Sekunden vor mir da :-(



Der Weg war das Ziel und ich folgte der Strecke 080 mit den 854 im Schnellzugdienst ostwärts. Halt für R 1108 aus Kolin in Jestrebi



Die Weiterfahrt diente mir zur Streckenkunde. Laut Landkarte Verlauf der Strecke im Wald, in Okna wich das Dunkelgrün auf der Karte kurz Hellgrün und es konnte tatsächlich ein Blick auf den Bezdez gefunden werden. Zum Os um 12 war die Sonne noch nicht herum, also Warten auf den R 1105



Der gleiche Zug nochmal in Mlada Boleslav-Debr, der andere 854 aus Turnov fuht leider 10 min davor und nicht danach hier auf dem gemeinsamen Abschnitt der Strecken 070 und 080.



Der nicht weit entfernte Abzweigbahnhof Bakov entzückte mich sofort, hier mit 843 007 als Os 6010



Für die zweieinhalb Stunden bis zur 753 am späten Nachmittag war Erkundung nördlich Turnov angesagt – oder besser gesagt die Suche nach einem Motiv im Tal der Jizera, wo die Strecke am bewaldeten Hang entlang läuft. Die Zeit verrannte mit der Suche nach Nebenstraßen und überholte die Planzeit des 854 südwärts. In Rakpusy traf ich auf die Bahnbrücke über den Fluss, an der Bauarbeiten stattfanden. Zur Erkundung lief ich mal auf dem Radweg am Rand der Brücke, wo überraschend gerade der verspätete R 1147 kam. Eigentlich Notschuss, aber durch die Bündelung Bahn-Radweg eine sehenswerte Szenerie



Für den Gegenzug stieg ich hinauf in die Weiden oberhalb der wenigen Häuser. Zuerst kamen die aus 843 gebildeten R Liberec-Pardubice und Gegenrichtung, dann der ursprünglich etwa 50 Jahre alte 854 (später rekonstruiert), der mir mehr zusagte, als R 1144.



Nun wurde es schwierig: Die Abfahrt der zwei Ausflugszüge aus dem Paradies in die Hauptstadt mit 749 (KZC) ab Jicin bzw. 754 ab Turnov ist nahezu zeitgleich, der erste befährt die Strecke Jicin – Libun nordwärts, der zweite wenige Minuten danach südwärts. Bei pünktlicher Fahrt beides machbar, aber gibt’s Motive ? Soweit ich es in einer Dreiviertelstunde erkundete, war nicht wirklich was zu finden, vor allem nicht für die 754. Während der Suche: Zug davor südwärts (Os 5515) in der Ortsdurchfahrt vor dem Bf Jicin.



Da 10 Minuten vor der Planabfahrt in Jicin kein Zug bereitstand und das Triebwagengespann südwärts ausfuhr (also kurz vor Planabfahrt auch kein Lr von dort zu erwarten), bekam ich Zweifel, ob dieser tatsächlich bis zum 28.10. fährt und hab' mich auf den Zug aus Turnov konzentriert: 754 008 mit Sp 1936 nördlich Libun



Kurz vor Sonnenuntergang zweites Foto auf dem Weg nach Prag bei Bartousov



Ganz ohne Zug: Trosky vor Abendhimmel (der zum Glück sonnige Tag bot keine fotogene Wolkenkulisse)



In Turnov kam das Stativ wenigstens einmal zum Einsatz, R 1151 nach Prag stand dort in der blauen Stunde und wurde vor Weiterfahrt um weitere Wagen und einen 814 am Ende verstärkt.



Für die Übernachtung habe ich im Internet ein Quartier in Semily, was für den geplanten Start des zweiten Tages gut gelegen schien. Zimmer/Betten waren im Hotel Obneci dum für 20 Euro incl. WLAN aber ohne Frühstück nicht schlecht, aber es war äußerst schwach belegt und das angepriesene böhmische Lokal des Hotels existierte nicht mehr. Die anderen zu Fuß erreichbaren Lokale des Kreisstadt hatten um halb acht zu, so dass ich mich schnell noch im LIDL mit Chips und Bier eingedeckt hab, aber auf dem Rückweg immerhin noch einen Pizza- und Staropramenimbiss fand :-)




Ich hab so gut geschlafen wie schon lange nicht mehr. Es war beim Aufwachen irgrndwie hell, aber nicht wirklich – Nebel. Auf der Fahrt zum Knoten Zelezny Brod war dieser weg, aber die Bahn dort im tiefen Tal noch im Schatten, ebenso im Nachbarort Mala Skala. Nach Norden Fehlanzeige: Bahnstrecke nach Tanvald wegen Bauarbeiten gesperrt, ebenso die Nebenstraße im Flusstal entlang der Bahn nordwärts. Wie viele tschechische Bahnhöfe gefiel mir Zelezny Brod sofort.



Gegen viertel zehn waren wenigstens ein paar Meter in der Einfahrt beleuchtet



Nun war wieder minutiöses Arbeiten geplant: Nach Ankunft des 854 aus Prag wäre nach Fahrt überm Berg die Übergabe Turnov-Libun erreichbar gewesen. Der 854 kam aber auch eine Viertelstunde nach Plan noch nicht, so dass ich los musste. Allerdings kreuzte die Übergabe nicht wie vorgesehen oder fiel aus – kein Foto... Auch nicht vom bereit stehenden Sandzug in Libun, volles Gegenlicht... Nächster Anlaufpunkt wäre ein R aus Prag vor Turnov gewesen, aber dort waren Bahnunterführung und Nebenstraße Richtung Mlada Boleslav Vollbaustelle und die Umleitung nicht gleich zu finden. So reichte es nur für ein paar Bilder im Bf Turnov. Der 854 des R aus Prag fuhr leider unerwartet nach Gleis 5 und wurde ohne Zwischenstopp vorm Kuppeln oder gar Zwischen-/Rangiersignal (wie bei den RE in Pegnitz), aber Kuppler am Bahnsteig, direkt mit einem 843 Richtung Zelezny Brod vereinigt. Ich fuhr aber raus Richtung Paradies, wo es mir die Szenerie in Karlovice-Sedmihorky angetan hat. Eines der vielen gut unterhaltenen tschechischen Bahnhofsgebäude in einem Kaff-Haltepunkt (100 Prozent-Kontrast zu Deutschland), Kohlebagger und Reisenden, die vom Vormittagseinkauf aus der Kreisstadt kamen



Nun ging es südwärts Richtung Bakov an die 070. Motivsuche für 854 und Sandzug sowie ein in Bakov um 12.37 Uhr zu erwartender Nex 48707 aus Jestrebi. Der Fdl konnte weder deutsch noch englisch, aber ich konnte zumindest verstehen, dass der erst in einer Stunde (hodino) kommen sollte. Da sich dies mit dem R aus Turnov und dem Sandzug beißt, bekamen diese den Vorzug. Fotos entstanden am Hp Brezina bzw. südlich des Ortes.



Hier die Tele-Variante mit Herbst



Nochmal in Bakov Sandzug vor Umfahren der Loks



Interessante Beobachtung am südlichen Wärterstellwerk: Die Dame vom Netz fuhr mit dem Fahrrad am Gleis entlang, um die Weiche am linken Bildrand per Hand umzustellen.



Der Nex musste schon durch sein, weil nach dem Os der Sandzug Richtung Ceska Lipa ausfuhr. Ich konnte ihn bis Bela überholen und dort die Einfahrt fotografieren. Der Zug bremste in den Bahnhof hinein ab – und fuhr den jetzt erst zeitgleich aus Westen ein- und dann gleich weiterfahrenden 48707 (mit einer 753) zu. Dieser kam also 2 x hodino nach Plan :-(
Traktor und Lieferwagen vor mir verhinderten, dass ich den Zug hinter Bela noch erwischen konnte...



Eigentlich wollte ich den Sandzug nach Decin begleiten und heimwärts noch einen Umleiter im Bilina-Tal. Aber angesichts der vielen Motive an der 070 bzw. im „Gebirge“ blieb ich noch „a weng“ im Osten.
An der Holzschranke in Loukov mit rot-beigen 854 war CSD-Feeling angesagt



Für den Gegenzug bin ich sogar nochmal norwärts nach Mala Skala



Wie um halb zehn, lag Zelezny Brod um halb vier schon wieder im Schatten der Berge. Sonne war vor Mala Skala



Letzter Zug des Tages auf der Heimat über viele Nebenstraßen war dann R 1149 südlich Brezina



Bevor es in die Nacht hinein heimwärts ging, noch ein Blick übers Tal hinweg auf die herrliche Mittelgebirgslandschaft westlich der Elbe bei Litomerice, wo auch an der Nebenbahn Richtung Ceska Lipa ein Panoramablick entdeckt wurde, der auf einen Besuch wartet...