Der 17. Juli sollte ein relativ kurzer Tag werden besonders in Bezug auf den Kontakt mit Schienenfahrzeugen, denn dieser Kontakt konnte fast überhaupt nicht hergestellt werden. Nach dem Auschecken im Hotel hatten wir uns einen relativ frühen Fixpunkt gesetzt, nämlich den iRX nach Skopje, der nach unseren Sichtungen bisher immer aus dem sauberen, grafitifreien Triebwagen 712 103/104 gebildet war. Und so kam es tatsächlich auch. Wir hatten uns leicht unterschiedlich Positionen kurz vorm Bahnhof Topolka gesucht.
Gunar lud mich wieder auf und wir fuhren für den Gegenzug etwas weiter in die Hügel. Gestern hatten wir schon eine schöne Stelle gefunden, die aber trotzdem schwer umzusetzen war. Also liefen wir weiter durch die Wiesenhügel und wollten zur anderen Seite des Tunnels. Zwischen den Hügeln waren immer wieder kleine Täler mit Dornenbüschen, die uns an einem sinnvollen weiterkommen hinderten. Und plötzlich stand er hinter uns – der „Blumenmann“ (Jürgen von der Lippe lässt grüßen). Ein älterer Herr in Bauermontur mit zerschlissenem Hut, einer Mistgabel in der Hand und einem alten Sack über der Schulter. Wäre Schnee gelegen, hätte das auch der Weihnachtsmann oder der Ötzi sein können. Erst dachte ich, jetzt gibt’s Stress. Aber nachdem wir nun zu dritt viele Worte und Sätze hin- und herwarfen, bedeutete er uns zu folgen. Er schien verstanden zu haben, dass wir zur anderen Seite vom Tunnel wollten … also hinterher. Wenn hier einer den besten Weg kennt, dann er. Unterwegs trafen wir noch so nen Kollege - eine Schildkröte, auf welche der Blumenmann jetzt mit seiner Mistgabel einhämmerte. Irgendwann hatte er genug und ging weiter. Die gepanzerte Kröte war von der ganzen Sache relativ unbeeindruckt und kroch auch weiter. Auf dem Weg Richtung Tunnel bekamen wir noch erklärt, was Birne und Apfel auf Mazedonisch heißt und sein bescheidenes Gartenhäuschen wollte er uns auch noch zeigen. Wir hatten es aber eilig und liefen einfach vorbei. Aber er kam uns wieder hinterher. Am Tunnel angekommen, war doch alles sehr zugewachsen. Wir bekamen noch paar Birnchen geschenkt und liefen nun noch weiter zurück Richtung Caska. Wir hatten dann bald ein passables Fleckchen gefunden und bauten uns auf. Und warteten einmal wieder. Dann kam … leider nun eine Schafherde. Dazu ein Hirte und ein Hund. Ein weiterer Hund lag bisher unbemerkt vor einem Busch in unserer Nähe. Wo blieb der Zug. Wir hatten schon die Angst, dass der Triebwagen von gestern so verhunzt war, dass er jetzt über Tage ausfiel. Irgendwann erlöste uns ein Klackern und Dröhnen und ein verranzter Macosa kam vorbei. Es war mit 25 Minuten Verspätung wieder unser „Wackelkandidat“ vom Vortag.
712 101 | iR 641 (Skopje – Bitola) | Caska
Als wir zusammenpackten stand plötzlicher der Hund mit auf und wich nicht von unserer Seite. Erst kurz vor der Straße waren wir ihn wieder los. Keine Ahnung zu wem der gehörte. Mit den Schafen hatte er scheinbar nichts zu tun. Wir schauten uns jetzt mal Caska an. Der Bahnhof ist ganz nett, war aber nicht besetzt und wird augenscheinlich zur Zeit nicht für Kreuzungen genutzt. Zum Mittagessen fuhren wir nochmal nach Veles rein, mussten aber etwas suchen bis wir einen gescheiten „Balkan Grill“ fanden. Die meisten Läden waren nur Cafes. Wechselgeld gab es in unserem Grill ungewöhnlicherweise nicht. Da es nicht derart viel war, sparten wir uns Diskussionen und verließen das Lokal trotzdem mit freundlichem Gruß.
EG von der Straßenseite | Caska
Wir fuhren wieder in die Hügel von Caska. Wir wollten noch eine schöne Damm-Stelle umsetzen. Gegen 10 vor 3 sollte dort am Nachmittag ein Zug vorbeikommen. Wir warteten lange, sehr lange. Aber es tat sich nichts. Irgendwann wurde klar, dass so langsam wahrscheinlich eher der Gegenzug kommen wird. Mit Blick aufs Gleis suchten wir etwas nach Standpunkten. Bald war ein deutliches Motorengeräusch wahrzunehmen, das so gar nicht nach Macosa klang. Kurz darauf wurden wir tatsächlich durch einen US-Diesel geflasht. Gunar wagte einen Frontschuss mit viel Gebüsch, ich hatte mich aufgrund des fehlenden Frontlichts für einen Seitenschuss entschieden. Im Grunde standen wir beide komplett falsch. Der Perso kam eine halbe Stunde verspätet mit drei Klassen … und zwei Kesselwagen am Schluss. Bei Gunar sieht man den ersten Kessel noch halb, bei mir gar nichts davon. Mit dem Wissen hätten wir die Stelle noch entsprechend variieren können, aber das war nun nicht mehr. Ich wäre liebend gern hinterher, also genau genommen außen herum über Gradsko, wobei unklar war, ob es zeitlich überhaupt gereicht hätte. Gunar wollte aber unbedingt das Bild von dieser Stelle. Und so blieben wir. iR 642 ward an diesem Tage aber garnicht mehr gesehn. Aber der saubere iRX taugte noch für einen schönen Nachschuss.
712 103 | iRX 541 (Skopje - Bitola) | Caska
An der Stelle war klar, dass dies nun das letzte Eisenbahnbild des Tages war, denn wir hatten unser Hotel in Ohrid schon gebucht und hatten noch einige Kilometer vor uns. Zum fotografischen Abschluss drückten wir nochmal bei der Schafherde ab, die sich auch schon aufs letzte Bahnbild gemogelt hatte.
Schafherde | Bei Caska
Gunar wollte nun gern die Passstraße (R1312) direkt durch die Berge nach Prilep nehmen. Ich hatte Zweifel wegen der Befahrbarkeit, da uns kein Kartendienst so richtig dort entlang schicken wollte und auch auf den Sattelitenbildern kein Asphalt zu sehen war. Die herrlichen Aussichten und die Abkürzung der Strecke motivierten mich aber und ich stimmte Gunars Idee zu. So fuhren wir guter Dinge los. Beim Abzweig in Jasenovo war der Asphalt zu Ende. Aber das war nichts was uns aufhalten konnte. Einigen gepanzerten Kröten mussten wir ausweichen, da diese scheinbar nicht mit Autoverkehr rechneten. Bei Stepanci, war der Weg dann derart ausgespült, dass wir von einer Weiterfahrt absahen. Wir wollten die Nacht nicht festgefahren in den dortigen Bergen verbringen. Gleichzeitig war aber auch klar, dass die Strecke von Ohrid jetzt plötzlich wieder (oder besser gesagt noch) 220 km lang wurde und wir nun tatsächlich über Gradsko fuhren. Ich bat erstmal Gunar zu fahren, da ich schon relativ müde war. Zwischen Gradsko und Prilep wurde es nun richtig dunkel und das fahren machte so überhaupt kein Vergnügen. Gunar hielt an einer Tanke hinter Prilep und nun durfte ich wieder, was die Sache auch nicht angenehmer machte. Kurz vor Bitola überholte uns ein Geländefahrzeug, an den ich mich klammerte und der uns den Weg bahnte. Der von mir verplante Sicherheitsabstand war nun auch bald notwendig, da unser Vorturner auf der Ortsumgehung Bitola plötzlich heftig bremsen musste – ein Esel „weidete“ auf der Schnellstraße. Das Vieh hatte natürlich keine Positionslichter und ich vermute jetzt mal nur, dass er die Nacht nicht überlebte. Der Jeep und wir kamen zum Glück aber noch Heil um das Tier herum. Der Rest der Fahrt verlief ereignislos. Kurz vor Mitternacht fielen wir endlich im Hotel ein und bald auch ins Bett, denn für den nächsten Tag war ein Programmpunkt geplant, den ich mir schon lang wünschte …